Deutsche Marktwirtschaft steuert erneut in die Rezession – Ampel auf Sparkurs - NZI 5/2024
RA Stefan Hofherr, Heidelberg
Das BVerfG hat den Haushaltsplan der Ampelkoalition durchkreuzt und am 15.11. 2023 festgestellt, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen entspricht (BVerfG NJW 2023, 3775). Damit darf das zur Krisenbewältigung vorgesehene Sondervermögen iHv 60 Mrd. EUR nicht wie angedacht in den Klima- und Transformationsfonds fließen.
Aus Art. 109 III 2, 115 II 6 GG ergibt sich, dass ein sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der außergewöhnlichen Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenze erforderlich ist. Für COVID-19 kann zweifelsfrei ein außergewöhnliches Naturereignis angenommen werden, aber der Klimawandel kann wohl kaum ernsthaft als ungewöhnliches Ereignis eingestuft werden, das einer langfristigen Planung widersprechen würde. Solch ein extensives Verständnis würde die Schuldenbremse faktisch abschaffen.
Das BVerfG hat das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 daher für nichtig erklärt. Für die bereits eingegangenen Verpflichtungen ergibt sich daraus eine Finanzierungslücke von fast 30 Mrd. EUR, die durch Einsparungen gedeckt werden muss. Die ohnehin schon von exogenen Einflüssen (Folgen der Corona- Krise, Russland-Ukraine-Konflikt, Nahostkonflikt usw.) geschwächte Marktwirtschaft wird damit noch weiter belastet.
Daher mahnt die Ampelregierung jetzt zu weiteren Sparmaßnahmen. Unter anderem werden 800 Mio. EUR für internationales Engagement, 380 Mio. EUR für das Verkehrsministerium und 200 Mio. EUR für das Bildungsministerium gestrichen. Längst überfällige Investitionen, zB für den Ausbau der Infrastruktur, werden aufgeschoben. Die deutsche Wirtschaftsleistung gerät damit immer weiter zum Schlusslicht der Euro-Zone.
Mit inflationsbedingter Anhebung des Leitzinses durch die EZB wurde Fremdkapital
für Unternehmen außerdem teurer und zugleich muss die Nachfrageerwartung nach unten korrigiert werden. Besonders hart betroffen ist der Bausektor, da die Fremdfinanzierungsquote bei Immobilien besonders hoch ist und zugleich die Baukosten enorm gestiegen sind. Erste namhafte Projektentwickler mussten bereits Insolvenz anmelden und es ist von einer weiteren Marktbereinigung in diesem Feld auszugehen.
Neben dem Baugewerbe ist aber auch in der Gesundheitsbranche eine drastische Abwärtsbewegung
zu erkennen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft prognostiziert, dass 2024 ein Rekordinsolvenzjahr werden könnte. Zum Jahresende fehlten den Kliniken bereits insgesamt zehn Mrd. EUR. Wird der Insolvenzverwalter jetzt zum Lebensretter? Ein weiteres Jahr voller Herausforderungen steht bevor.