RA Dr. Rolf Leithaus, Köln
Hat sich die Insolvenzordnung den Titel „Jahrhundertwerk“ verdient? Ein von Wilhelm Uhlenbruck vor 20 Jahren noch bezweifeltes Verdikt, das aber zum 25. Geburtstag der InsO auf den Prüfstand gehört. Die 3.000 Zeichen eines Editorials reichen zwar nicht aus, um die Frage umfangreich zu behandeln, aber ein Bissl mehr als ein „ja, aber“ oder ein „sowohl als auch“ dürfte vielleicht drin sein.
Die InsO, die auf Vorarbeiten der 1965 eingesetzten und bis 1985 tätigen Uhlenbruck-Kommission aufsetze, sollte ein modernes Gesetz werden, das die alten Zöpfe der KO abschneiden sollte. Das Gesetz verstärkte einerseits mit Abschaffung der überkommenen Vorränge der KO und Verstärkung des Anfechtungsrechts den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Andererseits ermöglichte es insbesondere mittels Eigenverwaltung und Insolvenzplan auch eine Sanierung des Rechtsträgers, sowie die Schuldenbefreiung natürlicher Personen. Während am Gleichbehandlungsrundsatz, no offense, sehr geehrtes BMF, immer wieder herumgesägt wird, wird man spätestens seit Inkrafttreten des ESUG anerkennen müssen, dass der Sanierungsgedanke einen erheblichen Schub erhalten hat, der durch das StaRUG inzwischen sogar außerhalb eines formellen Insolvenzverfahren um- und durchgesetzt werden kann.
Als Insolvenzrechtler ist man es ja gewöhnt, mit nicht ganz gefüllten Gläsern umzugehen und als rheinische Frohnatur sieht man dabei eher auf den gefüllten als den geleerten Teil des Glases. Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass durch die Umfirmierung von „Konkurs“ in „Insolvenz“ der Charakter des (Gesamt-)Vollstreckungsverfahrens nicht abgeschafft wurde. Daher liegt der Fokus oft auf der Liquidation des Rechtsträgers (im Idealfall nach sanierender Übertragung des Geschäftsbetriebs) und der Haftungsverwirklichung gegenüber Geschäftsführern und Gesellschaftern. Auch überliest man im Kleingedruckten gern, dass jede Insolvenz in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren mündet und ein Schreiben der Kripo aus heiterem Himmel dem Geschäftsführer nicht nur das Wochenende verderben kann. Ähnliches gilt für Anwaltsschriftsätze, in welchen unter Hinweis auf § 15b InsO schwindelerregende Summen geltend gemacht werden. Bei aller Modernität bleibt die InsO also in den Grundfesten dem vorvorletzten Jahrhundert verhaftet und spricht beispielsweise immer noch von Aus- und Absonderung, Vokabeln, mit denen heutzutage nur noch Profis etwas anfangen können.
Wie erwähnt, bleibt dem Schriftleiter für die Einführung nicht viel Platz. Den aber haben einige unserer Herausgeber in diesem Geburtstagsheft erhalten und haben diesen auch genutzt. Wir durften die Beiträge natürlich schon lesen und können Ihnen daher literarischen Genuss und wissenschaftlichen Gewinn voraussagen.
Schließlich verbleibt Verlag, Redaktion, Herausgebern und Schriftleitung der NZI, Ihnen ein gutes, gesundes und spannendes Geburtstags-Jahr 2024 zu wünschen.