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Erfindungsreichtum des Schuldners im Falle einer Insolvenz nicht immer erfolgreich! - NZI 10/2023

VorsRiOLG a.D. Werner Sternal, Pulheim
Ein Schuldner, der in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gerät, neigt manchmal dazu, Vermögenswerte durch verschiedene Konstruktionen vor dem Zugriff seiner Gläubiger zu „retten“. So gilt in der Praxis die Bestellung eines nicht übertragbaren Wohnungsrechts als eine Möglichkeit der „strategischen Sicherung“ des vorhandenen Grundbesitzes.

Ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB), dessen Ausübung Dritten nicht überlassen werden kann (§ 1092 I 2 BGB), ist als beschränkte persönliche Dienstbarkeit nicht übertragbar und damit unpfändbar (§§ 851 I, 857 I ZPO). Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Berechtigten wird dieses Recht nicht vom Insolvenzbeschlag (§ 35 I InsO) erfasst.

Dies gilt nach einer in der Literatur und Rechtsprechung weit verbreiteten Auffassung auch dann, wenn der Wohnungsberechtige zugleich Eigentümer des Grundstücks ist. Damit ist der Grundbesitz für die Insolvenzmasse wirtschaftlich nahezu wertlos. Eine Verwertung eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung des Schuldners, die dieser aufgrund eines Wohnungsrechts weiterhin nutzt, bereitet erhebliche Schwierigkeit. In der Praxis wird der Insolvenzverwalter kaum einen Käufer für dieses Objekt finden. Letztlich bleibt dem Insolvenzverwalter oftmals nichts Anderes übrig, als den Grundbesitz freizugeben, um die Insolvenzmasse nicht mit den mit der Immobilie verbundenen laufenden Kosten zu belasten.

Der BGH hat nunmehr dieser Möglichkeit der Schädigung der Gläubiger im Falle der Insolvenz einen Riegel vorgeschoben (s. BGH NZI 2023, 413 mAnm Neumann NZI 2023, 415, in diesem Heft). Der für Grundbuchsachen zuständige V. Zivilsenat hat entscheiden, dass ein am eigenen Grundstück bestelltes Wohnungsrecht auch pfändbar ist, wenn die Ausübung Dritten nicht überlassen werden kann. Begründet hat der Zivilsenat seine Auffassung unter Hinweis auf eine frühere Entscheidung (NJW 1964, 1226) damit, dass der Schuldner als Inhaber des Wohnungsrechts keines besonderen Schutzes bedürfe und er jederzeit Einfluss auf die Ausübung des Wohnungsrechts habe. Daher müsse sich der Schuldner so behandeln lassen, als habe er die Ausübung des Rechts durch einen Dritten für die Pfändung (§ 857 III ZPO) gestattet. Zugleich hat der Senat darauf hingewiesen, dass der IX. Zivilsenat auf Anfrage mitgeteilt habe, an einer abweichenden früheren Entscheidung (Beschl. v. 5.5.2009 – IX ZR 151/08, BeckRS 2009, 12594) nicht weiter festzuhalten. Damit fällt auch das nicht übertragbare Eigentümerwohnrecht in die Insolvenzmasse (§ 36 I 1 InsO). Der Insolvenzverwalter kann (§ 80 I InsO) – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall geschehen – die Löschung des Wohnungsrechts bewilligen, so dass anschließend den Grundbesitz ohne die beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Insolvenzmasse bestmöglich verwertet werden kann.

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