Prof. Dr. Heinz Vallender, Erftstadt
Diese Frage könnte sich für die Verfahrensbeteiligten eines Insolvenzverfahrens stellen, wenn der Entwurf einer Richtlinie zur Harmonisierung des Insolvenzrechts der EU-Kommission vom 7.12.2022 (Proposal for a directive harmonising certain aspects of insolvency law) in einigen Jahren konkrete Gestalt annehmen sollte. Zu den weitreichenden Veränderungen im nationalen Insolvenzrecht, die sich die Brüsseler Beamten in ihrem Vorschlag vorstellen, zählt ua ein vereinfachtes Liquidationsverfahren für Kleinunternehmer (winding up of insolvent microenterprises).
Für reichlich Diskussionsstoff dürfte vor allem Art. 39 des Richtlinienentwurfs sorgen. Danach soll ein solches Verfahren grundsätzlich ohne die Bestellung eines Insolvenzverwalters in Eigenverwaltung (Art. 43 Nr. 1) durchgeführt werden. Dieser soll nur auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers bzw. einer Gruppe von Gläubigern bestellt werden, und auch nur dann, wenn die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Das Insolvenzgericht kann jedoch einen Insolvenzverwalter bestellen, wenn dies im Einzelfall notwendig erscheint. Die Umstände sollen die Mitgliedstaaten selbst bestimmen (Art. 43 Nr. 3 und 4). Gänzlich neu ist die Idee eines verwalterlosen Verfahrens in Eigenverwaltung nicht. Unser Nachbarland Österreich hat damit bereits einige Erfahrungen gesammelt. Auch Spanien verfügt erst seit kurzem über eine solche Verfahrensart.
Auch wenn noch ein langer Weg bis zur Verabschiedung einer Richtlinie nach Maßgabe des vorliegenden Entwurfs zu beschreiten ist, bedeutet der Vorstoß der EUKommission nichts Gutes für solche Verwalter, deren Einkommen im Wesentlichen auf der Abwicklung von Kleinverfahren beruht. Wirft man einen näheren Blick auf die eröffneten IN-Verfahren, dürfte eine große Zahl unter die Definition des Art. 2 j iVm dem Anhang der Kommissionsempfehlung 2003/361/EC fallen. Erfasst werden danach solche Unternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter haben und über einen Umsatz bzw. eine Bilanzsumme von weniger 2 Mio. EUR verfügen. Hinzu kommt, dass ErwG (35) S. 3 der Richtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, die Regelungen der Richtlinie auch auf solche Unternehmen auszuweiten, die nicht unter den Begriff Kleinstunternehmen fallen.
Noch ist genügend Zeit, dass sich alle Verfahrensbeteiligten über die mit diesem Verfahren bereits gemachten Erfahrungen informieren und Gestaltungsvorschläge auf europäischer und nationaler Ebene unterbreiten. Da an dem in der Richtlinie formulierten Grundsatz eines verwalterlosen Verfahrens wohl kein Weg vorbeiführen dürfte, wird sich die eingangs gestellte Frage „Mit oder ohne“ (Verwalter) in dieser Rigorosität nicht stellen. Ein Mehr an „mit“ ließe sich indes über eine nähere Ausgestaltung der Regelungen in Art. 43 Nr. 3 und 4 der Richtlinie erreichen.