Angesichts des Ortes, an dem das COVInsAG gesetzestechnisch in das SanInsKG fortgeschrieben wird, sei mir folgender Beginn meines Editorials nachgesehen: Einem Bonmot zufolge ist die Ehe der Versuch, gemeinsam Probleme zu lösen, die man alleine nicht gehabt hätte. So verhält es sich bei der nunmehr anstehenden zeitlich begrenzten Verkürzung des Prognosezeitraums im Rahmen der Überschuldungsprüfung auch.
Da werden Probleme gelöst, die man ohne den Überschuldungstatbestand nicht gehabt hätte. Auch diesmal konnte sich der Gesetzgeber nicht dazu durchringen, die Überschuldung zumindest als verpflichtenden Antragsgrund gänzlich abzuschaffen. Und wieder
wird ua mit einer angeblich zunehmenden Zahl sog. Zombieunternehmen argumentiert – Deutschland ein Reich der lebenden Untoten. Und wieder fehlt hierfür wissenschaftliche Evidenz und werden sonstige, mitigierende Faktoren wie beispielsweise die seit der Finanzkrise deutlich verschärften Anforderungen an die Unterlegung und Refinanzierung von Unternehmenskrediten kaum berücksichtigt.
Bedacht werden sollte in diesem Zusammenhang auch die nach wie vor in der öffentlichen Wahrnehmung bestehenden Missachtung einer in Fachkreisen unzweifelhaft vorhandenen Sanierungskultur auch durch förmliche Verfahren. Das mag man füglich bedauern, muss aber berücksichtigt werden, zumal sich sowohl Konsumentenverhalten, aber auch Investitionsbereitschaft nicht zwingend nur an objektiven Gegebenheiten orientieren, sondern auch an subjektiven Einschätzungen. Exemplarisch für die Sichtweise außerhalb informierter Fachkreise stehen auch die erratischen Berichte über eine aus insolvenzrechtlicher Sicht völlig zutreffende Äußerung des Bundeswirtschaftsministers. Eine wochenlange Skandalisierung einer fachlichen Binse unter Anführung von willkürlich gewählten und zumeist ziemlich untauglichen Beispielsfällen, die Insolvenz müsse einer zeitweisen Betriebsstilllegung nicht zwingend folgen, zeigt, wie sehr die Diskussion in der Öffentlichkeit von gefühlten Realitäten und Scheinargumenten geprägt ist. Gut, dass sich die Politik dazu entschieden hat, auch der aktuellen Krise nicht durch eine insolvenzrechtliche Grundsatzdiskussion zu begegnen, sondern zumindest eine gewisse Abmilderung der Insolvenzantragspflichten vorzunehmen.
Und für die künftige Diskussion gebe ich Folgendes zu bedenken: Karsten Schmidt hat vor vielen Jahren sein Unverständnis zum Ausdruck gebracht, es sei ihm schleierhaft, weshalb man ein Unternehmen, welches mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu bedienen, in ein förmliches Verfahren zwingen solle. An diesem Befund hat sich nichts geändert. Die Streichung des Überschuldungstatbestands als verpflichtender Antragsgrund würde auch die nur sehr sophistische Unterscheidung zur drohenden Zahlungsunfähigkeit beseitigen.