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Ein Jahr StaRUG – und nun? – NZI 5/2022

RA Ralf Zuleger, München
Große Hoffnungen waren mit der Einführung des StaRUG verbunden – ein Paradigmenwechsel, nichts weniger als die erstmalige gesetzliche Regelung außergerichtlicher Restrukturierungen stand an, ein einfaches, kostengünstiges Verfahren auch für kleinere Unternehmen sollte es sein, als Wellenbrecher der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie war es gedacht. Nun denn, ein gutes Jahr später darf man mit einem realistischen Blick auf die Praxis konstatieren, dass Vieles, zu vieles bislang leider nicht erreicht wurde.
ZulegerDie Schwachstellen des Verfahrens sind oft beschrieben. Zu aufwändig, zu wenige Eingriffsmöglichkeiten (insbesondere im Bereich der Vertragsbeendigung), kein shift of duties, der völlig unzulängliche Schutz von Zwischen- und Sanierungsfinanzierungen, das ungeklärtes Verhältnis zur Sanierungsrechtsprechung des BGH. Auch die angebliche Befriedungswirkung allein durch die Inaussichtstellung eines Verfahrens ist nicht feststellbar, im Gegenteil, die Akzeptanz auf Unternehmens- und Unternehmerseite scheint bestenfalls übersichtlich ausgeprägt, das Angebot der Sanierungsmoderation wird praktisch nicht genutzt. Also: Much ado about nothing?

Das wäre schade und auch ökonomisch verfehlt. Leider ist die Empirie im Bereich der außergerichtlichen Sanierung nicht besonders gut ausgeprägt (von den StaRUG-Statistiken abgesehen). Das mag an der sensiblen Thematik und der Öffentlichkeitsscheu der Unternehmen liegen. Es fehlt an wissenschaftlichen Untersuchungen zum Erfolg solcher nicht-öffentlicher Restrukturierungen. Sichtbar werden stattdessen häufig nur die gescheiterten, in eine förmliche Insolvenz mündenden Verfahren.

Schädlich wird dies aber vor allem da, wo stattdessen gefühlte Realitäten die Diskussion bestimmen. So wurde sowohl bei den überaus hilfreichen Corona-Hilfen als auch angesichts der nur unvollständig ausgeprägten leistungswirtschaftlichen Elemente des StaRUG vor sogenannten Zombieunternehmen gewarnt, die sich nach Auslaufen der Hilfen wie eine Flut über die Insolvenzszene ergießen werden. Mit den realen Verhältnissen ist das nicht zwingend in Einklang zu bringen. Die Verschuldungsquote ist im Vergleich zu anderen Ländern nur moderat gestiegen (und kommt von einem historisch betrachtet sehr niedrigem Niveau), der dynamische Verschuldungsgrad ist im Jahresvergleich 2019/2020 im deutschen Mittelstand gleich geblieben. Anders sieht es allerdings bei den von der Pandemie besonders betroffenen Branchen und bei den Klein- und Kleinstunternehmen aus, deren Insolvenzen deutlich gestiegen sind. Letztere dürfen sich als derzeitige Verlierer der Reform fühlen. Keine Anwendung des richtigerweise verkürzten Restschuldverfahrens einerseits, kaum geeignet für das komplexe Restrukturierungsverfahren andererseits. Eine etwa anstehende Ertüchtigung des StaRUG mag diese Themen in den Blick nehmen, der deutschen Restrukturierungslandschaft stünde das gut zu Gesicht.

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