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Praktische Probleme bei § 298 I InsO - NZI 22/2021

VorsRi`inLG Irmtraut Pape, Göttingen
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass ein Treuhänder beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil die abgeführten Beträge die Mindestvergütung nicht decken. Diese Fälle kommen häufig dann vor, wenn dem Schuldner die Stundung der Verfahrenskosten bewilligt war, das Insolvenzgericht dann jedoch die Stundung aufgehoben hat. Die Treuhänder fordern sodann die Schuldner auf, die Vergütung für die Wohlverhaltensperiode zu zahlen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht nach, stellen die Treuhänder unmittelbar nach Ablauf der zur Zahlung gesetzten Frist den Antrag gem. § 298 I 1 InsO.
Dabei wird vom Treuhänder häufig übersehen, dass nach dem Gesetzeswortlaut das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders versagt, wenn die an den Treuhänder abgeführten Beträge für das vorangegangene Jahr seiner Tätigkeit die Mindestvergütung nicht decken und der Schuldner den fehlenden Betrag nicht zahlt. Das vorangegangene Jahr iSd § 298 I InsO ist nicht das Kalenderjahr, vielmehr sind die Jahresfristen von Beginn der Amtsübernahme durch den Treuhänder zu errechnen (vgl. Uhlenbruck/Sternal, InsO, 15. Aufl. 2019, § 298 Rn. 5). Der Treuhänder muss also vom Beginn seiner Amtsübernahme die jeweiligen Tätigkeitsjahre feststellen. Erst wenn für das gesamte letzte Tätigkeitsjahr die Vergütung nicht gedeckt ist, ist der Antrag gem. § 298 I InsO begründet. Hat das Gericht die Stundung der Kosten zu einem Zeitpunkt aufgehoben, der in dieses letzte Tätigkeitsjahr fällt, ist der Antrag des Treuhänders gem. § 298 I InsO unbegründet, weil unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der Treuhänder den Anspruch auf Vergütung gegen die Staatskasse so lange hat, bis er Kenntnis von der Aufhebung der Stundung erhält (BGH NZI 2014,707). 
Pape_Irmtraut_NZI2021-22Dem Treuhänder bleibt also nichts anderes übrig, als das Ende des Tätigkeitsjahrs abzuwarten und dann zu prüfen, ob seine Mindestvergütung gedeckt ist. Für die Begründetheit des Antrags reicht aus, wenn nur teilweise gezahlt ist, etwa weil teilweise noch ein Anspruch gegen die Staatskasse bestand. Der Treuhänder kann den Antrag nicht damit begründen, dass die vor Ablauf des Tätigkeitsjahres geforderte Vergütung als Vorschuss gilt. Das Gesetz spricht nicht von Vorschuss, die Versagung der Restschuldbefreiung setzt die nicht gezahlte Vergütung voraus. Ein nicht geleisteter Vorschuss löst den Versagungsgrund gem. § 298 I 1 InsO nicht aus (Jaeger/Preuß, InsO, 1. Aufl. 2020, § 298 Rn. 7).
Auch wenn es für die Treuhänder unbefriedigend erscheinen mag, bei der ohnehin geringen Mindestvergütung das Risiko einzugehen, in dem aktuell laufenden Tätigkeitsjahr keine Vergütung zu erhalten und den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung erst stellen zu können, wenn das Tätigkeitsjahre beendet ist, ist der Gesetzestext doch eindeutig, sodass eine Abweichung durch die Gerichte nicht angezeigt ist.

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