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NZFam - Neue Zeitschrift für Familienrecht

AKTUELL 23/2024


Strafrecht

Verurteilung des Weimarer Familienrichters wegen Rechtsbeugung rechtskräftig

Der 2. Strafsenat des BGH hat mit Urteil vom 20.11.2024 (2 StR 54/24) die Revisionen eines ehemaligen Weimarer Fami- lienrichters und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23.8.2023, durch das der Angeklagte wegen Rechtsbeugung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war, als un- begründet verworfen.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erließ der als Familienrichter tätige Angeklagte im April 2021 eine einstweilige Anordnung, mit der er es den Leitungen und Lehr- kräften zweier Weimarer Schulen untersagte, einzelne der sei- nerzeit geltenden Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindäm- mung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber den dort unterrichteten Kindern durchzusetzen. Die Absicht, eine entsprechende Entscheidung zu treffen, habe der Ange- klagte bereits Anfang des Jahres 2021 gefasst und deshalb ziel- gerichtet darauf hingewirkt, dass ein entsprechendes Verfahren in seinen geschäftsplanmäßigen Zuständigkeitsbereich gelangen werde. Er habe über eine von ihm mitbearbeitete Anregung ent- schieden und dabei das ihm übertragene Richteramt zielgerich- tet benutzt und missbraucht.

Die Revision des Angeklagten war erfolglos. Das Landgericht habe es zutreffend als Rechtsbeugung gewertet, dass der Ange- klagte, der sich außerdem zahlreiche Gehörsverstöße zuschul- den kommen ließ, bei der von ihm verdeckt mit vorbereiteten und gelenkten Einleitung eines Kindesschutzverfahrens in ele- mentarer Weise gegen Verfahrensvorschriften verstieß und die Auswahl mit seiner vorgefassten Rechtsauffassung übereinstim- mender Sachverständiger vor Einleitung des Verfahrens heim- lich über seine private E-Mail-Adresse vornahm. Diese Verfah- rensverstöße würden in ihrer Kombination derart schwer wie- gen, dass es im konkreten Fall weder auf die Motive des Angeklagten noch darauf ankomme, ob die Endentscheidung materiell rechtskonform war. Der Angeklagte habe zum Vorteil der das Kindesschutzverfahren anregenden Eltern und zum Nachteil des Freistaats Thüringen gehandelt.

 


Nachrichten

Seit 2017 wieder mehr junge Menschen in Pflegefamilien und Heimen

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 128.000 junge Men- schen in einem Heim und weitere rund 87.000 in einer Pflege- familie betreut. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 19.11.2024 mitgeteilt hat, wuchsen damit etwa 215.000 Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene – zumindest zeitweise – außerhalb der eigenen Familie auf. Das waren rund 7.500 oder 4 % mehr als im Jahr zuvor. Damit ist die Zahl der Betrof- fenen erstmals seit 2017 wieder gestiegen, nachdem sie zwischen 2018 und 2022 um zusammen rund 33.000 Fälle zurück- gegangen war. Der Anstieg ist fast ausschließlich auf unbeglei- tet eingereiste Minderjährige zurückzuführen, die – nach einer vorübergehenden Inobhutnahme durch die Jugendämter – verstärkt in Heimen, betreuten Wohnformen oder Pflegefamilien untergebracht werden: Lässt man diese Fälle unberücksichtigt, lag das Plus von 2022 auf 2023 bei nur 0,1 % (+121 Fälle).

Insgesamt wurden 2023 rund 20.500 junge Menschen nach einer Inobhutnahme nach unbegleiteter Einreise in einem Heim oder einer Pflegefamilie betreut. Das waren 10 % aller Fälle und rund 7 400 Fälle mehr als im Vorjahr, als der Anteil bei 6 % gelegen hatte.

Im Langzeitvergleich nahm die Zahl der jungen Menschen, die (zeitweise) außerhalb der eigenen Familie lebten, seit Beginn der Zeitreihe 2008 stetig von 152.000 auf den Höchststand von

240.000 Betroffenen im Jahr 2017 zu. Danach sank sie auf

207.000 Fälle im Jahr 2022, um 2023 erneut moderat zu wach- sen.

Für die betroffenen jungen Menschen endete die Betreuung außerhalb der eigenen Familie durchschnittlich nach 2,4 Jahren. Während die Unterbringung in einem Heim im Schnitt 1,8 Jahre dauerte, waren es in einer Pflegefamilie 4,2 Jahre. Insgesamt wuchsen etwas mehr Jungen (55 %) als Mädchen (45 %) außerhalb der eigenen Familie auf. Die Eltern der betroffenen jungen Menschen waren in fast jedem zweiten Fall (48 %) – und damit besonders häufig – alleinerziehend. Bei jeweils knapp einem weiteren Fünftel der Herkunftsfamilien handelte es sich um zusammenlebende Elternpaare (18 %) oder Elternteile in neuer Partnerschaft (17 %). In den verbleibenden Fällen – zum Beispiel in den Betreuungsfällen nach unbegleiteter Einreise – waren die Familienverhältnisse unbekannt (15 %) oder die Eltern verstorben (2 %).

Etwa die Hälfte (52 %) der jungen Menschen, die 2023 außerhalb der eigenen Familie aufwuchsen, waren jünger als 15 Jahre. Minderjährig waren fast vier Fünftel der Betroffenen (79 %). Ein weiteres Fünftel (21 %) waren sog. „Careleaver“, also junge Volljährige, die sich am Übergang aus der öffentlichen Erziehungshilfe in ein selbstständiges Leben befanden. Während jüngere Kinder bis 11 Jahre häufiger in Pflegefamilien betreut wurden, überwog ab dem 12. Lebensjahr die Heim- erziehung.

60.900 junge Menschen waren 2023 neu in einem Heim oder einer Pflegefamilie untergebracht worden. Hauptgrund war mit 30 % der Ausfall der Bezugsperson der jungen Menschen (Unversorgtheit), etwa infolge einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland oder der Erkrankung eines Elternteils. Mit Ab- stand an zweiter Stelle stand 2023 die Gefährdung des Kindeswohls durch Vernachlässigung, körperliche Misshandlung, psychische Misshandlung oder sexuelle Gewalt (15 %). Dritt- häufigster Grund für eine neue Unterbringung war die eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern (12 %), beispielsweise durch Erziehungsunsicherheit oder pädagogische Überforderung.


Änderung der Mindestunterhaltsverordnung für 2025 und 2026

Durch Verordnung vom 15.11.2023 (BGBl. 2024 I Nr. 359) wurde der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1612a I BGB neu festgesetzt. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die künftige Düsseldorfer Tabelle.

Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1612a I BGB beträgt künftig monatlich in der ersten Altersstufe 482 EUR ab dem 1.1.2025 und 486 EUR ab dem 1.1.2026, in der zweiten Altersstufe 554 EUR ab dem 1.1.2025 und 558 EUR ab dem 1.1.2026 und in der dritten Altersstufe 649 EUR ab dem 1.1.2025 und 653 EUR ab dem 1.1.2026.


Menschenrechtsexpertin kritisiert neue deutsche Regeln zu Geschlechtseintrag

 


Eine UN-Expertin hat das am 1.11.2024 in Kraft tretende Selbstbestimmungsgesetz, mit dem Menschen in Deutschland ihren Geschlechtseintrag leichter ändern können, kritisiert. Die Sonderberichterstatterin zum Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Reem Alsalem, sieht Gefahren für Frauen und Mädchen.

Das Gesetz beeinträchtige die Sicherheit, die Privatsphäre und andere Menschenrechte von Frauen und Mädchen, insbesondere von denen, die von männlicher Gewalt betroffen sind, so Alsalem. Dem Gesetz zur Geschlechterselbstbestimmung fehlten die notwendigen Schutzmaßnahmen, um einen Missbrauch des Verfahrens durch Sexualstraftäter und andere Missbrauchs- und Gewalttäter zu verhindern. Ihre Sorge bezieht sich auf Frauenhäuser, gemeinsame Toiletten oder Umkleide- räume.

Die Bundesregierung hat die Vorwürfe Alsalems schriftlich zu- rückgewiesen. In ihrer Antwort vom 6.8.2024 auf einen Brief von Alsalem heißt es: „Die Bundesrepublik Deutschland weist den Vorwurf zurück, dass sie bei der Gewährleistung des Selbst- bestimmungsrechts ‚eine Reihe von menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht erfüllt‘“. Das Gesetz, das das Kabinett im August 2023 auf den Weg gebracht hatte, sei in Bezug auf die Menschenrechte aller einwandfrei begründet. Der Bundestag hatte das Gesetz im April 2024 verabschiedet. Vorangegangen war eine teils hochemotionale Debatte.

Die Jordanierin Alsalem ist vom UN-Menschenrechtsrat als Expertin für das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen berufen worden. Sie ist unabhängig von den Vereinten Nationen und informiert den Menschenrechtsrat bei Bedarf zu dem Thema. Alsalem kritisiert an dem Gesetz auch, dass Mädchen schon mit 14 Jahren ohne Einverständnis ihrer Eltern ihr Geschlecht ändern können, wenn ein Gericht zustimmt.


Belästigung von Schwangeren künftig Ordnungswidrigkeit


Am 13.11.2024 ist das Gesetz zur Verhinderung von Gehsteigbelästigungen in Kraft getreten (BGBl. 2024 I Nr. 351). Schwangere werden jetzt vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksam geschützt. Durch das neue Gesetz wird das Schwangerschaftskonfliktgesetz dahin geändert, dass gesetzlich klargestellt wird, dass die Länder den Auftrag haben, den ungehinderten Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und zu Arztpraxen, OP-Zentren oder Krankenhäusern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, zu gewährleisten haben. Es wird untersagt, dass Schwangere im unmittelbaren Umkreis der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sowie vor Arztpraxen, OP-Zentren oder Krankenhäusern bedrängt, eingeschüchtert oder zum Beispiel am Betreten gehindert werden. Das Personal der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird ebenfalls geschützt. Ziel ist es, die ungestörte Ausübung der Tätigkeiten sicherzustellen. Es wird ein Bußgeldtat- bestand eingeführt, nach dem die Belästigungen und Behinderungen mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden können. Zur verbesserten Übersicht über die Anzahl an Einrichtungen, die Abbrüche vornehmen, ist eine Ergänzung der Bundesstatistik nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz vorgesehen. Erstmalig können nun auch unterhalb der Landesebene Auskünfte zur regionalen Versorgungslage getroffen werden.


Russland verbietet Werbung für Leben ohne Kind

Schon lange kämpft Kremlchef Putin gegen geringe Geburten- raten. Auch sein Krieg gegen die Ukraine steigert nicht die Lust zum Kinderkriegen. Deshalb greift der Machtapparat nun zu einem Verbot: Wer sich in Russland offen für Kinderlosigkeit einsetzt, dem drohen künftig hohe Geldstrafen.

Diese betragen zwischen 400.000 Rubel (rund 3.800 EUR) für einfache Bürger und fünf Millionen Rubel (47.619 EUR) für juristische Personen, heißt es in einem in erster von drei Lesungen angenommenen Gesetz der Staatsduma in Moskau.

Die Abgeordneten stimmten mit großer Mehrheit für das Ver- bot der „Childfree“-Bewegung. Die Ideologie der Kinderlosigkeit führe zu einem Verfall der traditionellen Wertvorstellungen in der Gesellschaft und letztlich zu einem Aussterben der Bevölkerung, hieß es.

Russlands Machtapparat kämpft seit Jahren ohne durchschlagenden Erfolg gegen sinkende Geburtenraten. Putin gab zuletzt offiziell als Ziel aus, dass russische Familien drei oder mehr Kin- der haben sollten und dies Standard sein sollte. Er selbst hat nach offiziellen Angaben zwei Töchter.

Für das Sinken der Geburtenrate gibt es mehrere Gründe. So kamen in den von Armut und Chaos geprägten 1990ern vergleichsweise wenig Kinder zur Welt, die heute selbst Nachkommen zeugen können. Nach Angaben der Statistikbehörde Ross- tat brachte eine Frau 2023 im Durchschnitt 1,41 Kinder zur Welt.

Auch finanzielle Anreize sollen Russen und Russinnen zum Kinderkriegen animieren. Nicht zuletzt gibt es auch in der russisch- orthodoxen Kirche offene Aufrufe, für Russlands Kriege mehr Soldaten zur Welt zu bringen. Diskutiert wurde außerdem, ob wieder eine Steuer für Kinderlose wie zu Zeiten der Sowjetunion eingeführt werden solle. Auf diese Weise demonstrierte der kommunistische Staat seine Unzufriedenheit mit jenen Bürgern, die ihm nicht dabei halfen, die Armee aufzufüllen, wie die Zeitung „Kommersant“ schrieb. In Putins Krieg gegen die Ukraine fielen bisher Zehntausende Russen, auch das hilft nicht beim Bevölkerungswachstum.

 


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