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NZFam - Neue Zeitschrift für Familienrecht

AKTUELL 18/2024


Umgangsrecht

Kein Rauchverbot für umgangsberechtigte Eltern durch das Familiengericht


Für die Auflage, während des Umgangs mit den Kindern nicht zu rauchen, gibt es ohne konkrete Kindeswohlgefährdung keine gesetzliche Grundlage, entschied das OLG Bamberg mit Beschluss v. 7.8.2024 (7 UF 80/24 e). Dies zu ermöglichen, sei Aufgabe des Gesetzgebers, wenn er die Kinder vor den rauchenden Eltern schützen wolle.

Ein Familiengericht könne Eltern nicht vorschreiben, ob sie während der Umgangszeit mit ihren Kindern rauchen oder nicht, fand das OLG Bamberg und hob damit die Anordnung eines FamG auf.

Die Eltern zweier Kinder im Alter von acht und zehn Jahren hatten sich getrennt, die Kinder blieben dabei im Haushalt der Mutter, die auch das alleinige Sorgerecht hatte. Nun stritten sich die Eltern über das Umgangsrecht des Vaters - die Mutter wollte ihm nur noch jedes zweite Wochenende zugestehen, während er den Umgang schrittweise bis zum Wechselmodell ausweiten wollte.

Kurz vor der Anhörung beim Familiengericht geriet die zehnjährige Tochter mit ihrem Vater aneinander und verweigerte den weiteren Umgang mit ihm, nachdem er sie am Telefon beschimpft hatte. Das AG schloss daraufhin den Umgang mit der Tochter für zwei Monate aus. Danach sollte er - für beide Kinder - jedes zweite Wochenende Umgang haben. Das AG forderte aber eine schriftliche Entschuldigung gegenüber dem Mädchen. Auf alleinige Initiative des Jugendamts erging schließlich noch die Anordnung, dass er während des Umgangs im Beisein der Kinder in geschlossenen Räumen nicht mehr rauchen dürfe und die Wohnung ausreichend lüften müsse. Dagegen erhob der Vater die Beschwerde zum OLG Bamberg - teilweise mit Erfolg.

Das OLG Bamberg sah für die Anordnung keine Rechtsgrundlage in § 1684 III und IV BGB. Zwar sei Passivrauchen ungesund, es gebe aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass es das körperliche Wohl der Kinder konkret beeinträchtige. Nur wenn eines der Kinder etwa Asthma hätte und deshalb von dem Zigarettenqualm gesundheitlich beeinträchtigt werde, könne eine solche Anordnung zum Kindeswohl ergehen. Ansonsten müsse der Gesetzgeber entscheiden, ob er Kinder vor Passivrauchen schützen wolle. Die Bamberger Richterinnen und Richter lehnten es ab, diese Anordnung - wie das Amtsgericht - auf § 1684 III 1 iVm § 1684 II 2 BGB zu stützen: Es sei nicht ersichtlich, dass Rauchen die „Erziehung der Kinder erschwere“. Die Mutter habe sich beispielsweise zu diesem „Problem“ während des Verfahrens überhaupt nicht geäußert.

Das OLG beanstandete auch die Anordnung, der Vater müsse sich bei der Tochter schriftlich entschuldigen. Auch hier gebe es keine Ermächtigungsgrundlage. Im Übrigen habe er sich schon mündlich bei ihr entschuldigt und die Sache sei damit erledigt gewesen.

(Anm. der Schriftleitung: Die Entscheidung wird in Kürze von Ulrich Rake in der NZFam besprochen werden).


Nachrichten


Weiter sinkende Anzahl von Adoptionen


Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 3.601 Kinder adoptiert. Während die Zahl der Adoptionen auf den bislang tiefsten Stand seit der deutschen Vereinigung gesunken ist, hat der Anteil der Stiefkindadoptionen dabei einen neuen Höchststand erreicht. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 14.8.2024 (Pressemitteilung Nr. 310) mitgeteilt hat, wurden fast drei Viertel (73 %) der Kinder von den eigenen Stiefmüttern oder -vätern angenommen, also den (neuen) Partnerinnen oder Partnern der rechtlichen Elternteile. Etwa ein weiteres Viertel der Kinder (24 %) wurde von verschieden- oder gleichgeschlechtlichen Paaren adoptiert und 3 % von sonstigen verwandten oder nicht-verwandten Einzelpersonen. Jahr 2023 ist die Zahl der Adoptionen in Deutschland damit im Vergleich zum Vorjahr um 6 % (-219 Fälle) auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Zeitreihe gesunken. Gleichzeitig war der Anteil der Stiefkindadoptionen von 2022 auf 2023 um 4 Prozentpunkte auf den - ebenfalls historischen – Höchststand von 73 % gestiegen.

Das durchschnittliche Alter der Kinder lag zum Zeitpunkt der Adoption bei 5,5 Jahren, wobei Mädchen im Schnitt etwas älter (5,7 Jahre) als Jungen (5,3 Jahre) waren. Mit 73 % wuchs die Mehrheit der Kinder vor der Adoption bei einem leiblichen Elternteil mit Stiefelternteil auf, 9 % wurden aus dem Krankenhaus und weitere 8 % aus einer Pflegefamilie heraus adoptiert. In 3 % der Fälle schloss die Adoption an eine anonyme Geburt oder die Abgabe über eine Babyklappe und in 2 % an eine Heimerziehung an. Insgesamt 8 % der Kinder besaßen vor der Adoption keinen deutschen Pass, wobei nur 1,7 % beziehungsweise 62 Kinder aus dem Ausland angenommen wurden – am häufigsten aus Haiti und Thailand (jeweils 15 Kinder).

Stiefmütter hatten 2023 etwas häufiger Kinder angenommen (40 %) als Stiefväter (33 %). Dabei fällt auf: In rund neun von zehn Fällen haben die Stiefmütter Säuglinge oder Kleinkinder unter 3 Jahren adoptiert. Stiefväter nahmen dagegen am häufigsten Teenager an; in etwa jedem zweiten Fall waren die Kinder hier bereits über 12 Jahre. Auch das Durchschnittsalter der Kinder betrug bei den Adoptionen durch Stiefmütter nur 2 Jahre, während es bei Stiefvätern mit 11,4 Jahren um ein Vielfaches darüber lag.

Bei den Adoptionen durch Stiefmütter handelte es sich in 78 % der Fälle um Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, die keine Angaben zum Kindsvater gemacht haben. An den Adoptionen insgesamt machten diese Fälle einen Anteil von 31 % aus. Nach aktueller Gesetzeslage kann die Partnerin, die das Kind nicht geboren hat, die Rechtsstellung eines leiblichen Elternteils nur über eine Stiefkindadoption erlangen (§§ 1591, 1592, 1741, 1766a BGB).

Etwa jedes vierte Adoptivkind (24 %) wurde 2023 gemeinsam von einem Paar angenommen. In 21 % aller Fälle war das Elternpaar verschieden- und in 3 % gleichgeschlechtlich. Kinder, die von gleichgeschlechtlichen Paaren adoptiert wurden, waren mit durchschnittlich 2,7 Jahren etwas jünger als bei verschiedengeschlechtlichen Paaren (3,4 Jahre). Dabei überwogen unter den gleichgeschlechtlichen Paaren mit einem Verhältnis von 69:31 die männlich-männlichen Paare. Während die rein männlichen Paare etwas häufiger Jungen als Mädchen adoptiert hatten (Jungenanteil: 57 %), war es bei den rein weiblichen Paaren umgekehrt (Mädchenanteil: 58 %).

Trotz der Entwicklungen rund um die Stiefkindadoptionen liegt die Gesamtzahl der Adoptionen seit 2009 relativ stabil auf niedrigem Niveau zwischen etwa 3.600 und 4.000 Fällen mit zuletzt jedoch abnehmender Tendenz. Ein Grund dafür ist der Rückgang der „klassischen“ Fremdadoptionen, also der Adoptionen durch Personen, die weder Stiefeltern noch Verwandte des Kindes sind: 2023 sind die Fremdadoptionen mit 837 Fällen ebenfalls auf einen neuen Tiefstand gesunken. Das Gleiche gilt für die Adoptionsbewerbungen mit 4.007 Fällen. Die Zahl der für eine Adoption vorgemerkten Kinder schwankt dagegen seit etwa zehn Jahren nur leicht zwischen rund 740 und 920 und lag im Jahr 2023 bei 902 Kindern. Rechnerisch standen 2023 damit jedem vorgemerkten Adoptivkind vier potenzielle Adoptivfamilien gegenüber.


Referentenentwurf: Mehr Schutz für Gewaltopfer in familiengerichtlichen Verfahren

Partnerschaftsgewalt stellt ein gravierendes gesellschaftliches Problem dar. Die Gewaltopfer benötigen Schutz und Unterstützung - auch in familiengerichtlichen Verfahren. Hier will das Bundesjustizministerium mit neuen Regeln nachjustieren. Der von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von gewaltbetroffenen Personen im familiengerichtlichen Verfahren, zur Stärkung des Verfahrensbeistands und zur Anpassung sonstiger Verfahrensvorschriften v. 19.7.2024 will den Schutz von gewaltbetroffenen Personen im familiengerichtlichen Verfahren verbessern. Der Referentenentwurf enthält dazu sechs Verbesserungsvorschläge und wurde an die Länder und Verbände geschickt. Diese haben nun bis zum 6. September Gelegenheit, sich zum Gesetzesvorschlag zu äußern.

Als erster Punkt soll ein Wahlgerichtsstand eingeführt werden. Dadurch soll es möglich werden, nach der Trennung von einem gewaltausübenden Elternteil in einem Kindschafts-, Abstammungs- oder Kindesunterhaltsverfahren trotz Verfahren den aktuellen Aufenthaltsort eines Kindes geheim zu halten, wenn dies aus Sicherheitsgründen wünschenswert erscheint. Dies sei zum Beispiel bei einer Zuflucht in einem Frauenhaus hilfreich, dessen Adresse sonst leichter zu ermitteln wäre.

Ferner sollen die sich aus der Istanbul-Konvention ergebenden Amtsermittlungspflichten des Familiengerichts in Fällen von Gewaltbetroffenheit im Verfahrensrecht besonders hervorgehoben werden: Bei Anhaltspunkten für Gewalt zwischen den Elternteilen ist das Gericht künftig verpflichtet, den Schutzbedarf des Kindes und des gewaltbetroffenen Elternteils auch in Kindschaftssachen zu ermitteln. Der Referentenentwurf verlangt zudem ein angepasstes Gefahrenmanagement. Unter Umständen muss ein Gericht Schutzmaßnahmen ergreifen und etwa getrennte Anhörungen der Eltern anordnen.

Häufig ist das im Fokus des Kindschaftsverfahrens stehende gerichtliche Hinwirken auf ein Einvernehmen zwischen den Eltern nicht mehr möglich, wenn Gewalt im Spiel ist. In solchen Fällen soll das Gericht künftig vom Hinwirken auf Einvernehmen absehen. Auch gemeinsame Beratungsgespräche soll es in solchen Fällen nicht mehr geben. Stattdessen will der Entwurf den Austausch zwischen den Familiengerichten und anderen Professionen beschleunigen, so dass auch Schutzmaßnahmen schneller eingeleitet werden können.

Weiter sieht der Referentenentwurf eine Stärkung der Verfahrensbeistände vor. Dazu soll die 2009 eingeführte Pauschalvergütung auf 690 EUR erhöht werden und es soll nicht mehr zwischen dem originären Aufgabenkreis und dem erweiterten Aufgabenkreis, bei dem der Verfahrensbeistand zusätzlich auch Gespräche mit den Eltern und gegebenenfalls auch Dritten (zB Schule, Kita) führen soll, getrennt werden. Gleichzeitig soll eine abgesenkte Geschwisterpauschale eingeführt werden, um gewissen Synergieeffekten bei der Bestellung für mehrere Geschwisterkinder Rechnung zu tragen. Darüber hinaus wird im Entwurf sichergestellt, dass künftig überall die Kosten des Verfahrensbeistandes für die Beauftragung eines Dolmetschers erstattungsfähig sind.

Zudem soll der Kontakt zwischen Verfahrensbeistand und Kind auch gegen den Willen der Eltern gerichtlich durchgesetzt werden können. Damit ist dem Verfahrensbeistand die Vertretung der Kindesinteressen auch in streitigen Fällen möglich. Auch das Beschwerderecht soll gestärkt werden, etwa kann künftig gegen eine einstweilige Anordnung über einen Umgangsausschluss nach § 57 S. 2 FamFG-E Beschwerde eingelegt werden. So soll verhindert werden, dass eine solchen Entscheidung, die zu einer massiven Beeinträchtigung der Bindung und Beziehung zwischen Kind und Umgangsberechtigtem führen kann, nicht kurzfristig überprüft werden kann. Schließlich soll eine von der Praxis stammende Forderung zur Einschränkung von § 68 V FamFG erfüllt werden und künftig auch in Kindeswohlgefährdungsfällen von einer Wiederholung der persönlichen Anhörungen abgesehen werden können, wenn die Beschwerde offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

Der Versorgungsausgleich hat für die Alterssicherung von Ehegatten eine hohe Bedeutung. Durch den sogenannten Halbteilungsgrundsatz erhält nämlich jeder Ehegatte die Hälfte der während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften es anderen Ehegatten. Um dem zu entsprechen, sollen Anrechte, die im Versorgungsausgleichsverfahren übergangen wurden, nun nachträglich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs berücksichtigt werden können. Dies ist bisher nicht zulässig und wird ebenfalls von namhaften Experten des Rechts des Versorgungsausgleichs seit Jahren reklamiert.

(Anm. der Schriftleitung: Die Referentenentwurf wird in Kürze von Iven Köhler in der NZFam besprochen werden).

 

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