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NZFam - Neue Zeitschrift für Familienrecht

AKTUELL 18/2023

Unterhaltsvorschuss 

Kein Unterhaltsvorschuss bei Samenspende

Eine alleinerziehende Mutter hat für ihr Kind, das unter Verwendung einer offiziellen Samenspende nach dem Samenspenderregistergesetz gezeugt worden ist, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Das hat das OVG Berlin-Brandenburg mit Urteilen vom 10.8.2023 (OVG 6 B 15/22; OVG 6 B 16/22; OVG 6 B 17/22) in drei Berufungsverfahren entschieden. Damit schloss sich das OVG der Auffassung der Vorinstanzen an, die entschieden hatten, Unterhaltsvorschuss sei nicht zu gewähren, weil dies der gesetzgeberischen Konzeption widerspreche, die öffentliche Unterhaltsleistung in erster Linie als Vorschuss zu zahlen und von dem säumigen zum Barunterhalt verpflichteten anderen Elternteil zurückzufordern. Zwar habe das Kind nach dem Samenspenderregistergesetz einen Anspruch darauf, zu erfahren, wer sein biologischer Vater sei. Ein Rückgriff der Unterhaltsvorschussstelle auf den anderen Elternteil sei aber von vornherein aussichtslos, weil die mit dem Samenspenderregistergesetz am 1.7.2018 in Kraft getretene Regelung des § 1600 d IV BGB es ausschließe, dass der offizielle Samenspender als rechtlicher Vater festgestellt werde.

Staatshaftungsrecht

Haftung des Trägers des Jugendamts

Während sich die Eltern einen Sorgerechtsstreit lieferten, wurde ein Sechsjähriger aus Frankfurt a. M. vom Jugendamt in die Obhut eines Kinderheims gegeben, weil die Mutter ihn geschlagen hatte. Das fand das OLG Frankfurt a. M. (Urteil vom 27.7.2023 – 1 U 6/21, BeckRS 2023, 21015) nur für eine kurze Übergangszeit angemessen. Das Kind lebte während des elterlichen Sorgerechtsstreits bei seiner Mutter. Nachdem der Vater gegenüber dem Jugendamt angab, die Mutter schlage ihr Kind und ein entsprechendes Attest vorlegte, nahm das Jugendamt den Sohn in Obhut und brachte ihn in einem Kinderheim unter. Das Familiengericht übertrug dem Jugendamt das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Knapp drei Wochen nach der Unterbringung widerriefen die Eltern ihre zunächst erteilte Zustimmung. Vier Monate später wurde der familiengerichtliche Beschluss vorläufig ausgesetzt und der Sohn kehrte zu seiner Mutter zurück. Nachfolgend hob ein Familiensenat des OLG im Sorgerechtsverfahren den Beschluss auf und übertrug das Sorgerecht auf den Vater. In der Folge verklagten der Sohn und der Vater die Stadt wegen der erlittenen Trennung auf Schadensersatz. Zwar habe die anfängliche Inobhutnahme keine schuldhafte Amtspflichtverletzung dargestellt, so der 1. Zivilsenat des OLG. Dem Jugendamt ließen sich keine Fehler vorwerfen und zu diesem Zeitpunkt hätten die Eltern der Übertragung auch zugestimmt. Das gelte aber nur für eine kurze Zeitspanne am Anfang der Maßnahme. Die Fremdunterbringung eines Kindes aus Anlass eines tiefgreifenden Elternkonfliktes sei nur dann gerechtfertigt, „wenn der permanente Elternkonflikt das Kindeswohl in hohem Maße und mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet“.  Hier könne die Inobhutnahme und Unterbringung in einem Kinderheim nach einer kurzen Übergangszeit nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Sohn von seiner Mutter geschlagen wurde. Der Gefahr erneuter Misshandlungen hätte vielmehr dadurch begegnet werden müssen, dass der Kläger bis zur endgültigen Entscheidung über das Sorgerecht bei seinem Vater untergebracht wird. Der heftige und langwierige Streit der Eltern über das Sorge- und Umgangsrecht könne die Fortdauer der Fremdunterbringung angesichts der damit einhergehenden Belastungen nicht rechtfertigen. Kindern, die in einen hochkonflikthaften Streit zwischen den Elternteilen, die sie beide lieben, hineingezogen werden, sei nicht damit gedient, dass sie außerhalb der Familie untergebracht würden, denn dies führe zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Beziehung zu beiden Elternteilen. Die ursprüngliche Herausnahme aus der Familie sei lediglich als kurzfristige Maßnahme veranlasst gewesen, in deren Verlauf eine Beruhigung eintreten sollte. Eine längere, monatelange Trennung von den Eltern habe der Sohn dagegen nicht als Entlastung von dem elterlichen Konflikt erleben können, sondern als ungerechtfertigte Folge dessen, dass er sich über die Misshandlungen durch seine Mutter beschwert habe. Das OLG sprach dem Kind eine Entschädigung iHv 3.000 EUR und stellte fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen. Schadensersatzansprüche des Vaters hielt es dagegen für nicht begründet. 

Strafrecht

Weimarer Familienrichter wegen Rechtsbeugung verurteilt 

Der Familienrichter, der 2021 die Corona-Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen für unzulässig erklärte (vgl. NZFam 2021, 419), ist zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das LG Erfurt sprach mit Urteil v. 23.8.2023 (2 KLs 542 Js 11498/21) den Juristen der Rechtsbeugung schuldig: Er habe ein Urteil gefällt, das er per se so beabsichtigt habe. Die Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung stützte die Kammer nicht darauf, dass der Familienrichter sich damals für zuständig befunden hatte, darüber zu entscheiden, ob die Corona-Maßnahmen des Thüringer Bildungsministeriums an Schulen in Weimar rechtmäßig waren. Der Familienrichter habe „ein Urteil gefällt, das er von vorneherein so beabsichtigt habe“. Der 60-Jährige sei der Rechtsbeugung schuldig, weil er versucht habe, zu vertuschen, dass er an der Vorbereitung des entsprechenden Gerichtsverfahrens unmittelbar beteiligt gewesen war. Er habe das Verfahren am Amtsgericht Weimar, in dem er seine Entscheidung fällte, aktiv generiert – er sei befangen gewesen, und zwar auf besonders gravierende Weise. Die Kammer zeigte sich nach der Beweisaufnahme überzeugt davon, dass der Richter schon Wochen vor seiner Entscheidung daran gearbeitet hatte, eine Familie zu finden, für deren Kinder er ein Kinderschutzverfahren führen konnte. Auch bei der Auswahl der Gutachter sei der Mann befangen gewesen und habe sie ausgewählt, um das Ergebnis, das ihm von vorneherein vorschwebte, gutachterlich zu begründen. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Freiheitsstrafe gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Das letzte Wort wird nun wohl der BGH haben. 

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