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NZFam - Neue Zeitschrift für Familienrecht

Aktuell 13/2025


Betreuungsrecht


Betreuung trotz unbekannten Aufenthalts

Darf einem Menschen mit kognitiven Einschränkungen die Selbstbestimmung über seine Vermögensangelegenheiten entzogen  werden – auch wenn er vermisst wird? Der BGH  (9.4.2025 – XII ZB 235/24) bejaht dies und sendet damit ein

Signal für den Schutz hilfebedürftiger Menschen auch ohne deren Zustimmung.

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde eines mutmaßlich demenzkranken  Mannes zurückgewiesen, der sich gegen die Bestellung  eines Berufsbetreuers und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts  im Bereich der Vermögenssorge zur Wehr setzte Der  Betroffene leidet an einer kognitiven Störung – wohl hervorgerufen  durch eine beginnende Demenz mit Verdacht auf eine bereits  bestehende leichte Intelligenzminderung – und drohte, zu  verwahrlosen.

2018 hatte er einer nahestehenden Person eine umfassende notariell beurkundete Generalvollmacht erteilt. Dennoch bestellte  das AG Euskirchen einen beruflichen Betreuer unter anderem  für Vermögenssachen, nachdem ein Sachverständiger dies nahegelegt  hatte. Ende 2023 widerrief der Betreuer die zuvor der  Vertrauten erteilte Vollmacht. Zudem ordnete das AG einen  Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge an. Dagegen  legten sowohl der Betroffene als auch die ursprüngliche Bevollmächtigte  Beschwerde ein. Das LG Bonn wies den Rechtsbehelf  zurück – ohne den Mann nochmals persönlich anzuhören, da  dieser am Heiligabend 2023 unter ungeklärten Umständen aus

seiner Wohneinrichtung verschwunden war und seither vermisst wird.

Der zuständige XII. Zivilsenat bestätigte die Entscheidungen  der Vorinstanzen. Er betonte: Entscheidend für die Erforderlichkeit  einer Betreuung sei nicht allein die subjektive Unfähigkeit  des Betroffenen, seine Angelegenheiten selbst zu regeln,  sondern ein konkreter Unterstützungsbedarf. Deshalb könne –  auch wenn der Aufenthaltsort derzeit unbekannt sei – eine Betreuung  erforderlich sein – etwa um sich um die Post zu kümmern  sowie gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern  aufzutreten. Auch der angeordnete Einwilligungsvorbehalt  sei nicht zu beanstanden, da dem Mann wegen seiner Krankheit  und Persönlichkeitsstruktur eine konkrete massive Fremdbeeinflussung  drohe, die sein Vermögen gefährden könne. Die  pauschale Behauptung des Beschwerdeführers einer „Unbetreubarkeit“  verwarf der Senat jedoch: Die fehlende Kooperationsbereitschaft  sei in diesem Fall Ausdruck der Erkrankung und  rechtfertige kein Absehen von der Betreuung. Vielmehr könne  der Betreuer trotz fehlender Kommunikation im Interesse und

zum Wohl des Betroffenen rechtlich tätig werden.
Dass die ursprünglich Bevollmächtigte auf Wunsch des Betroffenen als Betreuerin eingesetzt werden sollte, fand keine Berücksichtigung.  Da die Frau nach Ansicht der Gerichte – unter anderem  wegen des Risikos unrechtmäßiger Vermögensverfügungen  – für diese Aufgabe als ungeeignet befunden wurde, war  der Widerruf der Vollmacht durch den neuen Betreuer nicht nur  rechtlich möglich, sondern auch sachlich gerechtfertigt.
(Anm. der Schriftleitung: Die Entscheidung wird in Kürze von Dr. Michael Giers in der NZFam besprochen werden).



Nachrichten


DAV will längeren Nachweiszeitraum für Fachanwaltstitel

Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) will gemäß einer Pressemitteilung v. 22.5.2025 eine Reform im Rahmen der Fachanwaltschaft:  Es geht um die Verlängerung des Nachweiszeitraums für  die praktische Fallbearbeitung.
Neben theoretischen Kenntnissen und entsprechenden Prüfungsleistungen erfordert der Erwerb eines Fachanwaltstitels

die Bearbeitung einer bestimmten Anzahl von Fällen innerhalb eines Regelzeitraums von drei Jahren.

Die aktuelle Frist ist nach Auffassung des DAV nicht mehr zeitgemäß:  Eine Verlängerung auf 5 Jahre sei nicht nur aufgrund  veränderter Lebens- und Berufsrealitäten geboten, auch die ungleiche  Verteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern  sei ein bedeutsamer Faktor. Zugleich sei ein genereller Rückgang  der Fälle bei zugleich steigendem Aufwand pro Mandat  zu beobachten. Anlässlich der anstehenden Satzungsversammlung  will man nun eine Neuerung angehen.

Teilzeitmodelle oder familiär bedingte Auszeiten seien mittlerweile bei allen Geschlechtern akzeptiert, heißt es in einer Mitteilung  des DAV zum Vorhaben. Dennoch bleibe der überwiegende  Teil der unsichtbaren und unbezahlten Arbeit an Frauen  hängen. Daher finde ihre Erwerbstätigkeit häufiger in Teilzeit  statt. Die bestehenden Härtefallregelungen reichten daher nicht  aus.

 


Kinder in Regenborgenfamilien

Nach einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) v. 3.6.2025 gab es – nach Erstergebnissen des Mikrozensus  2024 – im Jahr 2024 insgesamt 31.000 gleichgeschlechtliche  Paare mit Kindern. In den sogenannten Regenbogenfamilien  lebten 50.000 Kinder. Der Begriff Regenbogenfamilien beschreibt  Familien, in denen ein gleichgeschlechtliches Paar mit  minderjährigen Kindern in einem Haushalt zusammenlebt – unabhängig  davon, ob das Paar verheiratet ist oder nicht.

Insgesamt gab es im Jahr 2024 in Deutschland gut 6,8 Millionen  Paarfamilien mit minderjährigen Kindern, rund jede 200.  davon war eine Regenbogenfamilie. Gut 70 % der Elternpaare  in Regenbogenfamilien waren zwei Frauen (22.000), knapp  30 % Männerpaare (9.000). Von allen 208.000 gleichgeschlechtlichen  Paaren lebten 15 % als Regenbogenfamilie mit  Kindern unter 18 Jahren zusammen. Legt man einen erweiterten  Familienbegriff zugrunde, der auch Paare mit erwachsenen  Kindern umfasst, lebten in Deutschland 38.000 Regenbogenfamilien  mit 62.000 minderjährigen oder erwachsenen Kindern.

Die Ergebnisse beziehen sich auf Familien in privaten Hauptwohnsitzhaushalten. Familien umfassen im Mikrozensus alle
Eltern-Kind-Gemeinschaften, das heißt gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche  Ehepaare/Lebensgemeinschaften sowie  alleinerziehende Mütter und Väter mit Kindern im Haushalt.  Einbezogen sind in diesen Familienbegriff – neben leiblichen  Kindern – auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder.

 

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