Ein
Autohaus stellte einen Mann für sechs Monate als Kfz-Meister ein. Im
Arbeitsvertrag war zugleich eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart.
Geregelt war, dass das Arbeitsverhältnis während der Probezeit
"beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen schriftlich gekündigt
werden" kann. Nach knapp zwei Monaten sprach das Autohaus eine Kündigung
aus, und zwar gemäß § 622 Abs. 3 BGB
mit einer Frist von zwei Wochen. Die Parteien stritten sich in der
Folge darum, ob und gegebenenfalls wann diese Kündigung das
Arbeitsverhältnis beendet hat.
Das BAG entschied, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis zwar beendet hat, für die Frist aber § 622 Abs. 1 BGB und nicht § 622 Abs. 3 BGB maßgeblich ist. Denn § 15 Abs. 3 TzBfG sei
noch vor Abschluss des Arbeitsvertrags neu gefasst worden und verlange,
dass eine für ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit
im Verhältnis zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der
Tätigkeit steht. Mit der Neufassung der Vorschrift habe der deutsche
Gesetzgeber die Vorgaben des entsprechend formulierten Art. 8 Abs. 2 S. 1 der europäischen Arbeitsbedingungen-Richtlinie umgesetzt.
Zwar regelten weder § 15 Abs. 3 TzBfG noch Art. 8 Abs.
2 S. 1 der Richtlinie explizit, welche absolute oder relative Dauer
einer Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis zulässig ist.
Allerdings gebe der Wortlaut des § 15 Abs. 3 TzBfG vor, dass die Probezeitdauer "im Verhältnis" zur Befristungsdauer stehen muss. Für das BAG
lässt das allein eine Auslegung zu, wonach die Probezeit – unabhängig
von der Art der Tätigkeit – nur einen Teil der Befristung, nicht aber
ihre gesamte Dauer umfassen kann. Eines "Ins-Verhältnissetzen" von
Probezeitdauer zur Befristungsdauer bedürfte es nicht, wenn beide gleich
lang sein könnten.
Kurze Kündigungsfrist greift nicht
Hier
sei damit eine zu lange Probezeit vereinbart worden, was die
Vereinbarung unwirksam mache. Die Folge: Die Voraussetzungen für die
Anwendung des § 622 Abs. 3 BGB liegen nicht vor, so jedenfalls die herrschende Meinung in der Literatur. Teilweise wird – unter Verweis auf § 139 BGB – aber auch vertreten, dass die Unwirksamkeit der Probezeitvereinbarung zum Wegfall der Kündbarkeit des Vertrags führt.
Das BAG
folgt einer vermittelnden Ansicht: Danach kann zumindest dann gekündigt
werden, wenn die darauf bezogene Vereinbarung neben der Probezeitabrede
getroffen wurde. Vielmehr mache die Vereinbarung der Kündbarkeit für
beide Vertragsparteien weiter Sinn, weshalb nicht anzunehmen sei, dass
sie nicht ohne die Probezeit vereinbart worden wäre.
Demnach habe das Autohaus hier das Arbeitsverhältnis mit dem Kfz-Meister ordentlich nach § 622 Abs. 1 BGB
kündigen können. Denn die Parteien hätten vereinbart, dass es auch
während der Probezeit schriftlich gekündigt werden kann. Das BAG bejahte
eine "sprachlich und inhaltlich unabhängige Abrede über die Kündbarkeit
während der Befristung" entsprechend der vermittelnden Ansicht (Urteil vom 05.12.2024 - 2 AZR 275/23).
Aus der Datenbank beck-online
BAG, Arbeitsvertrag, Probezeit, Frist, Befristung, Kündigung, Vereinbarung, Befristungsdauer, BeckRS 2024, 41667 (ausführliche Gründe)
Sura, LAG Schleswig-Holstein: Regelung einer Probezeit im befristeten Probearbeitsverhältnis – Angemessenheit, NZA-RR 2024, 215 (Vorinstanz)
Becker, Die Auswirkungen der RL (EU) 2019/1152 auf das Teilzeit- und Befristungsrecht, GWR 2022, 231
Preis/Schulze, Die Reform des Nachweisgesetzes, NJW 2022, 2297
Joussen in Boecken/Joussen, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 7. Aufl. 2024, TzBfG, § 15 Rn. 54
Backhaus in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 7. Auflage 2024, TzBfG, § 15 Rn. 15g