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NZA Editorial

 

Fidschi oder Frankfurt – „workation“ Fragen über Fragen!

Fachanwalt für Arbeitsrecht iR Dr. Georg-R. Schulz, München

Heft 6/2023

Autor NZA-Editorial Heft 6/2023, Georg-R. SchulzDas Zauberwort (work vacation) verheißt: Arbeit im Urlaub! Man stelle sich vor: Frau und Kinder lustig im Pool, der gestresste Mann vor dem Laptop im Schatten. Was für den workaholic selbstverständlich ist, taugt eher dem single im Büro. Bei ADIDAS, Bosch und SAP ist workation „grundsätzlich schon erlaubt“. (Werner, Süddeutsche Zeitung v. 9.1.2023, 13). Wünscht der Arbeitnehmer das Arbeitsmodell, kann er es mit der HR-Abteilung aushandeln, es sei denn, es gilt eine transparente erdumspannende Versetzungsklausel. In jedem Fall droht Ungemach: Die Zeitverschiebung verursacht einen Zwang zur pausenlosen „Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft (§§ 3, 4 ArbZG!) und das Recht auf Nichterreichbarkeit bleibt auf der Strecke. Zum Lesen von SMSen als Arbeitszeit siehe instruktiv Bayreuther NZA-Beilage 2018, 103. Die Gesundheit des „Vacationworkers“ steht auf dem Spiel, denn Selbstausbeutung liegt nahe (§ 17 I ArbSchG!).

Der Verstoß gegen § 8 BurlG ist evident. Gelten Schriftform- und Ausschlussklauseln auch im outback? Ab wieviel Prozent ist es schon work und bis wieviel Prozent noch vacation? Was liegt rechtlich vor: Arbeitnehmerentsendung, Arbeit auf Abruf, „home office extrem“, mobile working oder Arbeit in ausländischer Niederlassung? Auch Werkvertrag, freelancing oder Solo-Selbstständigkeit kommen in Betracht. Daher stellt sich die Frage: Wer muss wen, wo und wogegen versichern? Außerdem: Wer zahlt wo welche Steuern und setzt was davon ab? Klar ist wenigstens, dass der Arbeitgeber den Laptop stellt und die Aufgaben verteilt. Das ArbG München verneinte mit Urteil vom 27.8.2021 (12 Ga 62/21BeckRS 2021, 27679, dazu Stück, ArbRAktuell 2021, 534) den Anspruch einer Arbeitnehmerin darauf, ihre Arbeitsleistung für vier Wochen aus der Schweiz zu erbringen. Auf eine Erlaubnis im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag konnte sie ihr Begehren nicht stützen. Das ArbG verwies auf § 106 GewO und akzeptierte, dass die Arbeitgeberin die mit einer Auslandstätigkeit verbundenen „Kosten (für Gutachten oder die Einholung rechtsverbindlicher Auskünfte) nicht tragen“ wollte.

Der Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ von Rot, Gün und Gelb hilft hier nicht weiter. Für workation als Arbeit 4.0 gibt die Ampel leider kein Signal. Sie anerkennt, dass das deutsche Recht (noch?) keinen Anspruch auf Homeoffice kennt. Und der moderne Betriebsrat bestimmt bei „mobiler Arbeit …. mittels Informations- und Kommunikationstechnik“ (§ 87 I Nr. 14 BetrVG) nur mit beim „Wie“ mit, nicht aber beim „Ob“.

Für das global taugliche WLAN zum Schutz aller Daten sorgt das Unternehmen durch verschlüsselten E-Mail-Verkehr. Den Beschäftigten sei gesagt: Ist das Zusatzgehalt auch noch so hoch, Abschalten ohne Laptop und ohne Kollegen ist nicht kompensierbar. Bezahltes Flugticket und Hotel für die ganze Familie sind nicht genug. Grenzenlose Arbeit ist nicht nur nicht innovativ, sondern so falsch wie prekär. Fazit: Bis heute nur „ungelegte Eier“, dafür viel Arbeit für Fachanwälte aller Couleur und der Appell nach Berlin: Was es jetzt braucht, ist ein arbeits-, sozial- und steuerrechtliches „Sehr gute Arbeit von Übermorgen-Gesetz“. Und der Digitalgipfel der Bundesregierung am 22.6.2023 in Stuttgart bleibt abzuwarten!

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