chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

NVwZ Website Banner Newsletter

Der schnelle Überblick per E-Mail

Immer auf dem Laufenden mit dem kostenlosen NVwZ-Newsletter: Dieser informiert Sie pünktlich über das neue Heft und punktet mit einer qualifizierten Inhaltsübersicht mit Abstracts der Aufsätze und den amtlichen Leitsätzen der Rechtsprechung. Selbstverständlich vollverlinkt zu beck-online. Ideal für den schnellen Überblick auf dem Smartphone!

Gleich anmelden und von den Vorteilen profitieren!

NVwZ Nachrichten

Erfolg für Volksbegehren "Berlin autofrei"

Von Marion van der Kraats (dpa) | Jun 27, 2025
Autos sol­len in­ner­halb des S-Bahn-Rings kaum noch fah­ren. So stellt sich eine Bür­ger­initia­ti­ve die Ver­kehrs­wen­de vor. Per Volks­ent­scheid will sie die Pläne um­set­zen - und ist nun einen Schritt wei­ter.

Der VGH Berlin hat den Weg frei gemacht für den "Volksentscheid Berlin autofrei". Die Initiatoren können ihr Gesetzesvorhaben für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt weiter verfolgen. Das Berliner Gericht erklärte die Einleitung des Volksbegehrens für zulässig (Urteil vom 25.07.2025 - VerfGH 43/22).

Es widersprach damit der Einschätzung des Berliner Senats. Dieser hielt das in einem Gesetzentwurf formulierte Ziel für verfassungsrechtlich bedenklich und hatte daher die Richterinnen und Richter bereits 2022 um eine Prüfung gebeten, ob ein solcher Volksentscheid überhaupt zulässig wäre.

"Jetzt müssen wir die Berliner Verkehrspolitik aus dem Rückwärtsgang herausholen und endlich mit der Verkehrswende vorankommen", sagte Marie Wagner, Sprecherin der Initiative. "Wir stehen für eine Stadt, die den Menschen gehört, in der wir unsere Kieze selbst gestalten, mit lebendigen Straßen und sauberer Luft."

Faktisches Autoverbot innerhalb des S-Bahn-Ringes

Nach den Plänen der Initiative sollen nach einer Übergangszeit von vier Jahren fast alle Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings mit Ausnahme der Bundesstraßen zu "autoreduzierten Straßen" erklärt werden. Private Autofahrten sollen pro Person nur bis zu zwölfmal im Jahr möglich sein.

Ausnahmen von dem faktischen Autoverbot soll es demnach für Menschen mit Behinderung, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Taxen sowie Wirtschafts- und Lieferverkehr geben. Das gilt auch für Busse.

Gericht: Kein Anspruch auf unveränderte Bedingungen

Dem Gericht sei bewusst, dass es im Fall einer Umsetzung der Pläne zu erheblichen Änderungen und auch Einschränkungen käme, erklärte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting. Es bestehe aber kein Anspruch darauf, dass die Rahmenbedingungen für immer unverändert blieben. "Das Straßennetz steht den Menschen weiter zur Verfügung", erklärte sie.

Zugleich betonte Selting, dass das Gericht nicht darüber entschieden habe, ob Berlin autofrei werde. Dies obliege den Berlinerinnen und Berlinern. Der VerfGH habe lediglich zu beurteilen gehabt, ob sich der Gesetzentwurf im rechtlichen Rahmen bewege. Die Entscheidung fiel mit acht zu einer Stimme deutlich aus. Ein Richter hat ein Sondervotum verfasst. Der Gesetzesentwurf ist demnach vereinbar mit der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz sowie Bundesrecht. "Der Landesgesetzgeber darf einen neuen Straßenraum schaffen", sagte Gerichtspräsidentin Selting. Er habe nach dem Straßenrecht einen Gestaltungsfreiraum.

Bei der Entscheidung prüfte das Gericht auch mögliche Verletzungen von Grundrechten, wie etwa das Recht auf Berufsausübungsfreiheit. Denn eine autofreie Innenstadt hätte Auswirkungen auf Betriebe wie Kfz-Werkstätten oder Tankstellen. Auch Eigentumsrechte könnten tangiert werden, weil Autobesitzerinnen und -besitzer ihre Fahrzeuge nur noch eingeschränkt nutzen könnten. Aus Sicht der Richterinnen und Richter ist die Verhältnismäßigkeit jedoch gewahrt.

Verbände: Autoverbot wäre schwerer Schlag

Der Anwalt der Initiative, Philipp Schulte, zeigte sich zufrieden mit der "umfassende(n) rechtliche(n) Prüfung" des Gesetzentwurfes. "Das Gericht hat unsere Auffassung bestätigt: Es gibt nach der Verfassung natürlich kein Grundrecht auf hemmungsloses Autofahren."

Kritik kam von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg: "Das Autofahren in Berlins Innenstadt weitgehend verbieten zu wollen, wäre ein schwerer Schlag für die Wirtschaft in der Hauptstadtregion", erklärte Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp.

Initiative kann nächsten Schritt einleiten

Mit der Entscheidung ist die Initiative einen wesentlichen Schritt weiter. Zunächst muss nun das Abgeordnetenhaus über den Gesetzentwurf beraten. Der Anwalt der Initiative empfahl den Politikerinnen und Politikern, den "Impuls aus der Bevölkerung" anzunehmen und das Gesetz zu übernehmen. "Das würde uns viel Arbeit ersparen und den dringend notwendigen Klima- und Gesundheitsschutz im Bereich der Mobilität in Berlin einen großen Schritt voranbringen", sagte Schulte.

Die Initiative hält es aber selbst für eher unwahrscheinlich, dass dies geschieht. Sie würde dann die nächste Phase des Volksbegehrens einleiten. Dafür gelte es, genügend Mitstreiter und Geld aufzubringen, so Sprecher Benni Wasmer. Es sei von einer "sechsstelligen Summe" auszugehen. Innerhalb von vier Monaten müssen die Unterschriften von mindestens sieben Prozent der Berliner Wahlberechtigten gesammelt werden. Das wären derzeit rund 170.000 Menschen.

50.000 Unterschriften für das Anliegen

Gelingt das, würde ein Volksentscheid folgen, bei dem wie bei einer Wahl über den Gesetzentwurf abgestimmt wird. Der Volksentscheid wäre erfolgreich und würde das Gesetz in Kraft setzen, wenn eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler und zugleich mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zustimmten.

Die Initiative hatte im Sommer 2021 mehr als 50.000 Unterschriften für die Einleitung eines entsprechenden Volksbegehrens zur Verkehrswende gesammelt. Nötig waren in dieser ersten Phase des Volksbegehrens 20.000 gültige Stimmen. Doch zum nächsten Sammelschritt kam es nicht: Der Senat schaltete das Verfassungsgericht ein.

Mehr zum Thema

Aus der Datenbank beck-online

Steiner, Die Planung der Verkehrswende, ZUR 2023, 221

Schütte, Verkehrswende jetzt!, ZUR 2018, 65

Loske, Warum die Verkehrswende in Deutschland nicht gelingt, IR 2017, 225

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü