Die Tatsache, dass man für seine Flucht viel Geld zahlen musste, kann für eine drohende Flucht vor der Abschiebung sprechen. Im Fall eines Pakistaners, der seit über zehn Jahren in Deutschland gelebt und Geld verdient hatte, erinnerte der BGH aber daran, diese Regel nicht schematisch anzuwenden.
Ein pakistanischer Staatsangehöriger hatte seinen Schleppern 2013 1,2 Millionen Rupien (nach heutigem Kurs etwa 3.930 Euro) bezahlt, um nach Deutschland einzureisen. Asyl- und Folgeanträge scheiterten. Nachdem er wegen exhibitionistischer Handlungen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, sollte er ausreisen. Es wurde Abschiebungshaft nach § 62 Abs. 3b Nr. 2 AufenthG mit der Begründung Fluchtgefahr angeordnet, da der an seine Schlepper gezahlte Geldbetrag sein damaliges durchschnittliches Jahreseinkommen "um mehr als das Doppelte" überstiegen hatte.
Von der Fluchtgefahr war auch das LG überzeugt, das die Beschwerde des Mannes zurückwies. Dass er jahrelang in Deutschland gelebt habe, ohne sich zu verstecken oder unterzutauchen, und sogar am Tag seiner Verhaftung in anderer Sache bei der Polizei vorgesprochen habe, stehe dem nicht entgegen. Es sei "naheliegend", dass er in einer solchen Situation die Flucht antreten werde. Seine Rechtsbeschwerde hatte beim XIII. Zivilsenat des BGH Erfolg.
Schulden waren getilgt
Die Karlsruher Richterinnen und Richter hielten die Anordnung der Abschiebungshaft für rechtswidrig, da der Haftgrund der Fluchtgefahr nicht ausreichend begründet worden sei (Beschluss vom 14.1.2025 – XIII ZB 65/23). Zwar könnten hohe Schlepperbeträge die Fluchtgefahr begründen. Ein Motiv könne sein, die Investition in die Zukunft zu retten. Alternativ könnten bei einer Abschiebung drückende Schulden und hohe Zinsen drohen.
Hier habe der Mann jedoch seit mehr als zehn Jahren in Deutschland gelebt und auch einen Arbeitsplatz gehabt. Dies könne einen etwaigen Fluchtanreiz abschwächen und so die Bedeutung der gezahlten Summe relativieren. Nach eigenen Angaben hat der Mann das Darlehen für seine Flucht auch vor längerer Zeit bereits abgezahlt (Beschluss vom 14.01.2025 - XIII ZB 65/23).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
BGH, Feststellung der Fluchtgefahr bei Abwesenheit von der Asylunterkunft, BeckRS 2023, 23374
BGH, Anordnung von Abschiebungshaft wegen Fluchtgefahr, BeckRS 2023, 26836