chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

NVwZ Website Banner Newsletter

Der schnelle Überblick per E-Mail

Immer auf dem Laufenden mit dem kostenlosen NVwZ-Newsletter: Dieser informiert Sie pünktlich über das neue Heft und punktet mit einer qualifizierten Inhaltsübersicht mit Abstracts der Aufsätze und den amtlichen Leitsätzen der Rechtsprechung. Selbstverständlich vollverlinkt zu beck-online. Ideal für den schnellen Überblick auf dem Smartphone!

Gleich anmelden und von den Vorteilen profitieren!

NVwZ Nachrichten

Niqab am Steuer: Wieder keine Ausnahme vom Verhüllungsverbot

Von Redaktion beck-aktuell (ergänzt durch Material der dpa) | Jan 27, 2025
Weil sie mit einem Ge­sichts­schlei­er bei einem Ver­kehrs­ver­stoß nicht zwei­fels­frei zu iden­ti­fi­zie­ren sei, darf eine Mus­li­ma ihren Niqab nicht am Steu­er tra­gen. Eine Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung sei ihr zu Recht ver­wei­gert wor­den, hat das VG Ber­lin ent­schie­den. Bei der Ar­gu­men­ta­ti­on hält es sich ans OVG.

Die verfassungsmäßig geschützte Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG müsse in Abwägung aller widerstreitenden Interessen zurückstehen, so das VG Berlin (Urteil vom 27.1.2025 - VG 11 K 61/24). Das in § 23 Abs. 4 Satz 1 StVO festgeschriebene Verhüllungsverbot gewährleiste eine effektive Verfolgung von Rechtsverstößen im Straßenverkehr. Es diene damit dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums Dritter, so die 11. Kammer des VG. Nach der Norm darf ein Autofahrer sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist.

Damit scheiterte eine muslimische Autofahrerin mit einer Klage gegen das Land Berlin. Von diesem hatte sie sich gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 StVO eine Ausnahmegenehmigung ausstellen lassen wollen, denn ihr Glaube gebiete es ihr, außerhalb der eigenen Wohnung stets verschleiert zu sein. Den Niqab, der nur die Augenpartie freilässt, wollte sie auch am Steuer tragen dürfen. Das Land Berlin hatte es jedoch abgelehnt, die Genehmigung zu erteilen.

Identifizierbarkeit reicht als Argument

Das zentrale Argument der 11. Kammer des VG: Verkehrsteilnehmende müssen bei Rechtsverstößen identifizierbar sein, etwa im Rahmen automatisierter Verkehrskontrollen. Denn wer wisse, dass er identifiziert werden könne, der verhalte sich im Straßenverkehr eher regeltreu, so das VG. Auf diese Erkennbarkeit ziele auch das Verhüllungsverbot in der StVO ab. Es schütze deshalb Güter von Verfassungsrang, nämlich die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum Dritter.

Dieses Argument ließ das VG ausreichen und zeigt damit, dass es die frühere Rechtsprechung etwa des OVG Münster wahrgenommen hat. In ähnlich gelagerten Fällen hatten die Verkehrsbehörden und Verwaltungsgerichte früher noch argumentiert, Zweck des Verhüllungsverbots sei die Sicherung nonverbaler Kommunikation im Straßenverkehr. Dem hatte das OVG Münster bereits im Juli 2024 eine Absage erteilt (Az. 8 A 3194/21). Ebenso träfe die Annahme der Behörde nicht zu, dass ein Niqab die Rundumsicht beeinträchtige, stellte das NRW-Gericht damals fest. So hatte im August 2024 aber noch das OVG Rheinland-Pfalz argumentiert (Az. 7 A 10660/23).

Diese beiden zweifelhaften Argumente finden sich in der Begründung des VG Berlin nun nicht mehr. Vielmehr wiege der Eingriff in die Religionsfreiheit der Klägerin schon mit Blick auf den Schutz Dritter im Straßenverkehr weniger schwer.

"Fälschungssicherer QR-Code" kein milderes Mittel

Schließlich hat die 11. Kammer noch festgestellt, dass der Zweck des Verhüllungsverbots auch nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Insbesondere ein Fahrtenbuch sei nicht geeignet. Es könne nur dem Halter eines Fahrzeugs auferlegt werden, ein Fahrtenbuch zu führen, nicht aber der Fahrerin.

Gleichermaßen ungeeignet erscheine der Vorschlag der 33-jährigen Muslima, einen Niqab mit einem "einzigartigen, fälschungssicheren QR-Code" zu versehen und die Ausnahme vom Verhüllungsverbot mit einer solchen Auflage zu verbinden. Denn dadurch sei nicht sichergestellt, dass die Person, die den Niqab trage, auch tatsächlich die Person sei, für die der QR-Code kreiert wurde. Gegen das Urteil kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden (Urteil vom 27.01.2025 - VG 11 K 61/24).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

VG Gelsenkirchen, Ausnahme, Fahrer, Fahrzeugführer, Niqab, Verhüllungsverbot, Verhüllung, Konkordanz, BeckRS 2024, 2783

OLG Düsseldorf, Gesichtsverhüllungsverbot für Kraftfahrzeugführer bei Tragen eines Niqab, NStZ 2023, 364

OVG Münster, Genehmigung zum Tragen eines Niqabs beim Führen eines Kraftfahrzeugs, NJW 2021, 2982

VG Düsseldorf, Verhüllungsverbot Niqab, Glaubensfreiheit Religionsfreiheit, Kraftfahrzeug Ausnahme, Zuständige Behörde, Verhüllungsverbot, Glaubensfreiheit, Religionsfreiheit, Kraftfahrzeug, Ausnahmegenehmigung, BeckRS 2020, 33205


Kommentar abgeben

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü