Eine Grundstückseigentümerin verlangte die Erteilung eines Bauvorbescheides, was die Baubehörde jedoch ablehnte. Der Anwalt der Frau erhob am 29.09.2022 Widerspruch über das elektronische Anwaltspostfach (beA) und über das elektronische Behördenpostfach, lediglich versehen mit der maschinenschriftlichen Wiedergabe seines Namens sowie seiner Fachanwaltsbezeichnung. Die Baubehörde berief sich auf einen Formfehler: Die elektronische Form erfordere, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sei, woran es hier fehle. Auch das Schriftformerfordernis nach § 70 Abs. 1 VwGO erfülle das Schreiben nicht, da es nicht eigenhändig unterschrieben sei.
Das Regierungspräsidium wies den Widerspruch als unzulässig und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück. Vor den Verwaltungsgerichten argumentierte der Jurist mit der Systematik und Logik: "Es seien keine Gesichtspunkte erkennbar, warum ein verlässlich über ein elektronisches Anwaltspostfach übermitteltes Dokument, das mindestens eine ebenso große Gewährleistung der Urheberschaft biete wie ein Faxschreiben, nicht der Schriftform genügen solle." Er wies weiter darauf hin, dass ein Widerspruch keine höheren Anforderungen erfüllen müsse als eine Klage. Die abweichenden Formvorschriften für die Einreichung einer Klage (wo die einfache Signatur ausreicht) und im Widerspruchsverfahren "lasse keine sinnhafte Systematik erkennen". Während er beim VG direkt auf Grant biss, ließ der VGH mit Blick auf den Einsatz des beA die Berufung zunächst wegen "ernsthafter Zweifel" an der Richtigkeit zu (Beschluss vom 24.04.2024 – VGH 5 S 154/24).
In ihrem Urteil schlossen sich die Mannheimer Richterinnen und Richtern dann aber der Auffassung des VG an, dass innerhalb der Widerspruchsfrist kein zulässiger Widerspruch eingegangen war (Urteil vom 10.12.2024 - VGH 5 S 673/24). Sie gaben dem Anwalt insoweit Recht, dass nach der ab Anfang 2024 wirksamen Gesetzesänderung der Widerspruch durch die Versendung über das beA nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 3a Abs. 3 Nr. 2a VwVfG zulässig gewesen wäre. Dies sei aber kein Grund, für die vorher geltende VwVfG 2019 bei einem Widerspruch aus dem Jahr 2022 die Zulässigkeit anders zu bewerten.
Für eine Wiedereinsetzung oder die Zulassung der Revision sah der VGH Mannheim keinen Anlass (Urteil vom 10.12.2024 - 5 S 673/24).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
VG Karlsruhe, Widerspruch, Frist, Form, Signatur, beA-Postfach, Behördenpostfach, BeckRS 2023, 42181 (Vorinstanz)
VGH Mannheim, Beschluss vom 24.04.2024, BeckRS 2024, 9086 (Zulassung der Berufung)
BVerwG, Hinweis in Rechtsmittelbelehrung auf Möglichkeit der elektronischen Klageübermittlung, NVwZ 2021, 1061