Die Eigentümerin eines Wohnhauses in der denkmalgeschützten Düsseldorfer "Golzheimer Siedlung" hat danach ebenso wie die Eigentümerin eines Baudenkmals in Siegen einen Anspruch auf eine denkmalrechtliche Erlaubnis für die Installation von Solaranlagen.
Beide hatten Solarzellen auf den Dächern ihrer Wohnhäuser anbringen wollen und keine denkmalschutzrechtliche Genehmigung dafür bekommen. In Düsseldorf verpflichtete das VG die Stadt zur Erteilung der Erlaubnis; für das Baudenkmal in Siegen erreichte die Eigentümerin auch vor Gericht erstmal nichts – obwohl auch sie Solarmodule in einer denkmalschonenden Ausgestaltung gewählt hatte.
Das OVG Münster entschied nun, dass das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien in beiden Fällen die Belange des Denkmalschutzes überwiege. Es verweist auf die im Juli 2022 in Kraft getretene Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Danach sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden, und zwar so lang, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausneutral ist. Diese Vorgabe, für die dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zukommt, beeinflusst laut OVG auch das nordrhein-westfälische Denkmalschutzrecht.
Solaranlagen beeinträchtigen Erscheinungsbild der Gebäude nicht
Zwar bleibe die Abwägung zwischen den denkmalschutzrechtlichen Belangen und dem Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin erforderlich. Letztere seien dabei aber als regelmäßig vorrangiger Belang einzustellen. Nur wenn besondere Umstände des Denkmalschutzes der Errichtung von Solaranlagen entgegenstehen, darf die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis ausnahmsweise versagt werden. Bei der Prüfung, ob solche besonderen Umstände vorliegen, kommt es laut OVG dabei auf die Gründe an, aus denen die denkmalrechtliche Unterschutzstellung erfolgt ist.
Für den Düsseldorfer Fall heißt das grünes Licht. Denn die beantragte Solaranlage auf der straßenabgewandten Dachfläche greife nicht so stark in das denkmalwerte einheitliche äußere Erscheinungsbild der "Golzheimer Siedlung" ein, dass ausnahmsweise die Erlaubnis zu versagen wäre. Dass die Solaranlage aus dem öffentlichen Straßenraum sichtbar ist, reicht dem OVG dafür nicht aus. Hier seien die in die bestehende Dachstruktur eingefügten und in der Farbe angepassten Solarpaneele zudem nur am Rande, in zweiter Reihe und nur in Teilausschnitten wahrnehmbar. Die betroffene Dachfläche liege auch nicht in einer der von der Satzung geschützten Sichtachsen und beeinträchtige die rheinseitige Silhouette der Siedlung nicht, so das Gericht.
Bei der ehemaligen Schule in Siegen beeinträchtigt die Solaranlage bereits nicht die denkmalwertbegründenden Eigenschaften des Gebäudes. Denn für die Eintragung als Baudenkmal hat zwar der vorhandene Dachreiter, nicht aber die Dachfläche und ihre Gestaltung eine Rolle gespielt. In das geschützte Erscheinungsbild des Baukörpers als Kapellenschule wird laut OVG durch die Solaranlage nicht eingegriffen. Ein Ausnahmefall, in dem der Denkmalschutz überwiegt, wäre aber bei dem konkreten Vorhaben selbst dann nicht gegeben, wenn die Schieferdachfläche als auch denkmalwertbegründend angesehen würde.
Das OVG hat die Revision in keinem der Fälle zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum BVerwG eingelegt werden.
Nicht immer entscheiden die Gerichte pro Erneuerbare Energie: So entschied im Juni 2023 das OVG Lüneburg zugunsten des Denkmalschutzes (Urteil vom 27.11.2024 - 10 A 2281/23).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
VG Düsseldorf, Nachrang denkmalschutzrechtlicher Belange bei Erneuerbare-Energien-Anlagen, EnWZ 2024, 94 (Vorinstanz)
VG Arnsberg, Denkmalschutz, Wohnnutzung, Erlaubnis, Baudenkmal, BeckRS 2023, 42825 (Vorinstanz)
Schlacke/Wentzien/Römling, Beschleunigung der Energiewende: Ein gesetzgeberischer Paradigmenwechsel durch das Osterpaket?, NVwZ 2022, 1577