§ 36a AufenthG regele den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten grundsätzlich abschließend und sperre einen Rückgriff auf § 25 Abs. 5 AufenthG, wenn sich die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise allein auf bereits vor der Einreise bestehende familiäre Bindungen zu dem subsidiär Schutzberechtigten stütze, stellte das BVerwG klar (Urteil vom 26.09.2024 – 1 C 11.23).
Eine Mutter und ihre drei Kinder, denen in Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, reisten im März 2019 in das Bundesgebiet ein. Nach bestandskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig beantragten Mutter und Kinder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie verwiesen darauf, dass die Mutter die Zweitfrau und die Kinder Abkömmlinge eines in Deutschland als subsidiär schutzberechtigt anerkannten syrischen Staatsangehörigen seien, der im Bundesgebiet mit seiner ersten Ehefrau und weiteren sechs Kindern zusammenlebe.
Die Behörde lehnte die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab. Auch die Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Den Klägern sei es verwehrt, sich auf die Regelung des § 25 Abs. 5 AufenthG wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Ausreise zu berufen. Denn diese Norm sei neben § 36a AufenthG, der den Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten Personen abschließend regele, jedenfalls grundsätzlich nicht anwendbar, entschied 2023 das OVG Koblenz. Diese Auffassung hat das BVerwG nun bestätigt.
Sperrwirkung soll Überforderung der Aufnahme- und Integrationssysteme verhindern
§ 36a AufenthG stehe der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 5 AufenthG, nach dem eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen wegen unverschuldeter rechtlicher Unmöglichkeit der Ausreise erteilt werden kann, grundsätzlich entgegen, so die Leipziger Richterinnen und Richter. So setze § 36a AufenthG das Vorliegen humanitärer Gründe, die u.a. in dem Schutz von Ehe und Familie wurzeln, tatbestandlich voraus. Unberührt bleibe daneben nach § 36 Abs. 1 S. 4 AufenthG lediglich die Erteilung von humanitären Aufenthaltstiteln nach den §§ 22, 23 AufenthG.
Zudem sehe § 36a Abs. 2 S. 2 AufenthG eine Kontingentierung auf monatlich 1.000 Visa vor. Das vedeutliche das Ziel des Gesetzgebers, einer Überforderung der Aufnahme- und Integrationssysteme von Staat und Gesellschaft vorzubeugen und die Zusammenführung von Familienangehörigen subsidiär Schutzberechtigter – jenseits des Familienasyls – aufenthaltsrechtlich über das in § 36a AufenthG geregelte Kontingent-Verfahren zu steuern.
Die daraus resultierende Sperrwirkung des § 36a AufenthG eröffne daher Raum für die Anwendung von § 25 Abs. 5 AufenthG nur im Fall nachträglich im Bundesgebiet eintretender Ereignisse. Solche seien hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gegeben (Urteil vom 26.09.2024 - 1 C 11.23).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
OVG Koblenz, Urteil vom 16.05.2023, BeckRS 2023, 14084 (Vorinstanz)
OVG Lüneburg, Aufenthaltserlaubnis bei auf Mehrehe beruhender Familiengemeinschaft, BeckRS 2006, 20697