Eine Stadt zahlt ihren Bürgern und Bürgerinnen wegen gestiegener Energiekosten einmalig 75 Euro. Das Jobcenter reagiert prompt und kürzt wegen dieses "Energiegeldes" die Grundsicherung einer Familie – zu Unrecht, wie das LSG Hessen entschieden hat.
Bei der Berechnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (früher Hartz IV, nun Bürgergeld) seien Zuwendungen, die ein anderer erbringe, ohne hierzu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, stellte das LSG Hessen klar (Urteil vom 15.08.2024 – L 6 AS 310/23). Dies gelte zumindest dann, wenn sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussten, dass daneben die Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt wären.
Die Stadt Kassel beschloss im Jahr 2022 ein so genanntes Einwohner-Energie-Geld, um Belastungen durch die gestiegenen Energiepreise abzufedern. Dieses betrug 75 Euro, wurde auf Antrag gewährt und musste nicht zurückgezahlt werden.
Auch eine Familie mit vier minderjährigen Kindern, die Grundsicherungsleistungen bezog, sicherte sich die Sonderzuwendung. Doch das Jobcenter rechnete die Leistung als Einkommen an – schließlich diene das Einwohner-Energie-Geld dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II. Das Amt kürzte daraufhin die Sozialleistungen, wogegen die Familie gerichtlich vorging.
Wegen geringer Höhe nicht zu berücksichtigen
Das LSG entschied nun zugunsten der Familie. Das Energie-Geld sei nicht als Einkommen anzurechnen. Es handele sich um eine Zuwendung, die die Stadt Kassel allen Bürgerinnen und Bürgern gewährt habe, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Pflicht bestanden hätte.
Die Berücksichtigung des Geldes als Einkommen sei zwar nicht grob unbillig, weil das Jobcenter die höheren Heizkosten übernommen habe und das seit Januar 2023 gewährte höhere Bürgergeld die gestiegenen Stromkosten auffange. Allerdings sei die Lage der klagenden Familie durch das Energie-Geld nicht so günstig beeinflusst worden, dass daneben Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt wären. Das sei erst dann der Fall, wenn die Zuwendung 10% des jeweiligen Regelbedarfs übersteige. Solle eine Einmalzahlung über mehrere Monate entlasten, sei der Betrag entsprechend aufzuteilen. Im Fall der Kläger werde – selbst wenn man das Energie-Geld nur auf die Monate Oktober bis Dezember 2022 verteile – hiernach die Grenze von 10% nicht überschritten. Es müsse daher bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen außen vor bleiben.
Das LSG hat die Revision zugelassen (Urteil vom 15.08.2024 - L 6 AS 310/23).