Das Europäische Parlament hat sich am Dienstag auf einen Standpunkt zum europäischen Medienfreiheitsgesetz geeinigt. Im Fokus stehen dabei die Vielfalt und die Unabhängigkeit. Die EU-Staaten sollen die Medien davor schützen, von Regierung, Politik, Wirtschaft oder Privatpersonen beeinflusst zu werden.
Die Abgeordneten wollen zum einen jegliche Einmischung in die redaktionellen Entscheidungen von Medienunternehmen verbieten. Zum anderen wollen sie verhindern, dass Journalistinnen und Journalisten unter Druck gesetzt und gezwungen werden, ihre Quellen offenzulegen, dass man auf verschlüsselte Inhalte auf ihren Geräten zugreift oder dass man sie mit Spähsoftware ausspioniert. Spähprogramme dürften nur als letztes Mittel und in Einzelfällen eingesetzt werden – wenn eine unabhängige Justizbehörde dies im Zuge von Ermittlungen zu schweren Verbrechen wie Terrorismus oder Menschenhandel anordne, heißt es in einer Mitteilung des EU-Parlaments.
Obergrenze für staatliche Werbung
Zur Bewertung der Unabhängigkeit sollen außerdem alle Medien, auch Kleinstunternehmen, verpflichtet werden, Informationen über ihre Eigentumsverhältnisse zu veröffentlichen. Die Medien, darunter auch Online-Plattformen und Suchmaschinen, sollen auch Bericht darüber erstatten, wie viel Einnahmen sie aus staatlicher Werbung erzielen und inwieweit sie staatlich finanziert werden – auch von Staaten außerhalb der EU.
Die Mitgliedstaaten müssen nach den Plänen der Abgeordneten dafür sorgen, dass öffentlich-rechtliche Medien im Rahmen von Mehrjahreshaushalten angemessen, tragfähig und vorhersehbar finanziert werden. Damit Medien nicht von staatlicher Werbung abhängen, schlägt das Parlament eine Obergrenze für staatliche Werbung bei einem einzelnen Medienanbieter, einer Online-Plattform oder einer Suchmaschine vor, nämlich 15% des gesamten Werbebudgets, das die entsprechende Behörde in einem bestimmten EU-Staat verwaltet. Die Abgeordneten wollen zudem, dass die Kriterien für die Zuweisung öffentlicher Mittel an Medienanbieter öffentlich zugänglich sind.
Unabhängiges EU-Mediengremium
Damit die Art, wie sehr große Online-Plattformen Inhalte moderieren, nicht die Medienfreiheit einschränkt, fordern die Abgeordneten ferner ein Verfahren, mit dem Anordnungen zur Sperrung von Inhalten verwaltet werden. Ein Medienanbieter, der eine Entscheidung der Plattform für nicht ausreichend begründet hält und die Medienfreiheit beeinträchtigt sieht, soll den Fall vor eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle bringen können.
Das im Rahmen des Medienfreiheitsgesetzes geplante Europäische Gremium für Mediendienste soll nach dem Willen der Abgeordneten rechtlich und funktionell unabhängig von der Kommission sein und eigenständig handeln können. Außerdem fordert das Parlament, dass eine Gruppe unabhängiger Fachleute, die Medienbranche und Zivilgesellschaft vertreten, dieses neue Gremium berät.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
EU-Medienfreiheitsgesetz: DJV fordert Nachbesserung bei Medienprivileg, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 19.07.2023, becklink 2027804
Kraetzig, Europäische Medienregulierung – Freiheit durch Aufsicht?, NJW 2023, 1485
Ory, Medienfreiheit – Der Entwurf eines European Media Freedom Act, ZRP 2023, 26
EU-Parlament, CULT-Ausschuss veröffentlicht Berichtsentwurf zum EMFA, MMR-Aktuell 2023, 457232