Märkte mit Waagen-Kassen-Systemen dürfen Kunden nicht die Möglichkeit einräumen, statt eines ausgedruckten Kassenbons einen digitalen Bon zu wählen. Laut Verwaltungsgericht Osnabrück ist der Wortlaut der einschlägigen EU-Richtlinie eindeutig und verlangt zwingend den Ausdruck eines Papierbons. Es hat deshalb die Klagen von zwei Marktbetreibern gegen Beanstandungen durch die Eichbehörde abgewiesen, aber die Berufung zugelassen.
Märkte ließen Kunden Wahl zwischen Papierbon und E-Bon
In den Märkten wurde bei Prüfungen ihrer Waagen-Kassen-Systeme festgestellt, dass ein Programm installiert war, das den Kundenverzicht auf einen ausgedruckten Bon und stattdessen die Wahl eines Digitalbons zuließ. Daraufhin verweigerte der Landesbetrieb für Mess- und Eichwesen Niedersachsen die Eichung der Waagen-Kassen-Systeme, beanstandete diese und forderte die Inhaber der Märkte auf, die Mängel abzustellen. Es müsse zwingend ein physischer Bon ausgegeben werden ("Zwangsbon"). Ein Verzicht hierauf durch den Kunden und die Ausgabe eines digitalen Bons anstelle des physischen Bons seien nicht zulässig. Dagegen klagten die Märkte, die die Beanstandungen für rechtswidrig hielten. Sie meinten, die Formulierung "ausgedruckt auf einem Bon oder Etikett" in der Richtlinie 2014/31/EU umfasse auch eine elektronische Ausgabe, und verwiesen auf gängige Begriffe wie PDF-Druck oder virtuelles Drucken. Der Verbraucherschutz sei in keiner Weise beeinträchtigt, da die Kunden zwischen digitalem und physischem Bon wählen könnten. Es würden ohne erkennbaren Mehrwert wöchentlich zehntausende Bons gedruckt, die niemand benötige – weder die Kunden noch die Eichbehörden.
VG: Eindeutiger Wortlaut der Richtlinie schließt digitalen Bon aus
Das VG hat die Klage abgewiesen. Der Wortlaut der Richtlinie 2014/31/EU sei eindeutig. Ein Verständnis von "Ausdrucken" als auch digitales Drucken, "Bon" als Oberbegriff auch für einen digitalen Bon und "auf" im Sinne von "in einer Datei" schieden aus. Für das VG sei zwar nicht ohne Weiteres ersichtlich, weshalb ein digitaler Bon die Erreichung der Ziele des Richtliniengebers gefährden könne. Zu einer Rechtsfortbildung mit dem Ergebnis einer Zulässigkeit des Digitalbons sehe sich die Kammer allerdings nicht befugt. Angesichts der Reichweite der Änderung (Vielzahl betroffener Fälle), ihres technischen Charakters und zur Gewährleistung der Normenklarheit müsse der Richtliniengeber hier tätig werden. Außerdem widersprächen die Waagen-Kassen-Systeme auch der Prüfungsbescheinigung der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) und damit der Konformitätserklärung des Herstellers, deren Teil die Prüfungsbescheinigung sei. Hier müsse der ursprüngliche Hersteller der Systeme oder gegebenenfalls der Verwender als Hersteller im Sinn von § 2 Nr. 6 Hs. 2 MessEG eine Änderung der Prüfungsbescheinigung gegenüber der PTB erwirken (Urt. v. 28.06.2023 - 1 A 52/22).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- Doege, Die (un-)mögliche Befreiung von der Belegausgabepflicht, DStR 2020, 692