Damit eine Corona-Infektion als Arbeitsunfall anerkannt werden kann, ist der Nachweis einer Infektion der in Frage kommenden Indexperson durch einen zeitnahen Erreger-Nachweistest erforderlich. Dies hat das Sozialgericht Speyer entschieden und die Klage einer Betreuungskraft der Dekan-Ernst-Schule in Grünstadt auf Anerkennung ihrer Corona-Erkrankung als Arbeitsunfall abgewiesen.
Kontaktperson wurde nicht getestet
Die Stadtverwaltung Grünstadt meldete im Dezember 2020 mittels Unfallanzeige, dass eine Mitarbeiterin der Nachmittagsbetreuung an der Dekan-Ernst-Grundschule im Oktober an Covid-19 erkrankt sei. Die Infektion sei möglicherweise in der Schule bei der Betreuung eines in Erkrankungsverdacht stehenden Kindes erfolgt. Das Kind sei selbst nicht getestet worden. Jedoch seien in der Großfamilie des Kindes zahlreiche Covid-19-Fälle aufgetreten. Auch der Klassenlehrer des Kindes sei mit Covid-19 infiziert worden.
Klägerin von Langzeitfolgen betroffen
Eine Maskenpflicht bestand zum damaligen Zeitpunkt für Grundschüler in Rheinland-Pfalz nicht. Auch galten in der Grundschule keine Abstandsregeln. Nach Angaben der Klägerin heilte die Infektion bei ihr nicht vollständig aus. Es seien Langzeitfolgen wie eine allgemeine Abgeschlagenheit sowie die Beeinträchtigung des Geruchs- und des Geschmackssinns verblieben.
Infektion der Kontaktperson nicht nachgewiesen
Das SG hat entschieden, dass der Betreuungskraft kein Anspruch auf Anerkennung der Covid-19-Infektion als Arbeitsunfall zusteht. Es lasse sich schon nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass sich die Klägerin während der beruflichen Tätigkeit angesteckt hat. Die Anerkennung eines Arbeitsunfalles setze einen nachgewiesenen intensiven Kontakt mit einer infizierten Person voraus. Hier könne jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit angenommen werden, dass das Kind im Zeitpunkt des genannten Kontakts mit der Klägerin überhaupt infiziert war.
Keine Beweislastumkehr veranlasst
Ein direkter Erregernachweis fehle, da das Kind nicht getestet worden sei. Da die Symptome bei Covid-19 unspezifisch seien, sei der Nachweis einer Infektion der in Frage kommenden Indexperson grundsätzlich durch einen zeitnahen Erreger-Nachweistest zu erbringen. Lasse sich aber bezüglich der Kontakte im versicherten Umfeld ein Nachweis, dass es sich um infektiöse Quellen handelt, nicht erbringen, könne auf den bloßen Verdacht allein die Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhanges nicht gestützt werden. Für eine Beweislastumkehr bei allgemeinem Infektionsrisiko sieht das SG keine Veranlassung (Urt. v. 09.05.2023 - S 12 U 88/21).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- SG Speyer, Anerkennung als Arbeitsunfall bei Infektion mit Covid-19-Virus, BeckRS 2023, 3358
- VG Sigmaringen, Covid-19-Infektion als (schulischer) Dienstunfall, NVwZ 2022, 496
- Eufinger, Zur Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung eines Beamten als Dienstunfall, ARP 2022, 57
- Ricke, Corona, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, COVuR 2020, 342