Die Anordnung des Rückschnitts einer Hecke, die in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragt und dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet, ist auch dann rechtens, wenn der Rückschnitt in die Schonzeit fällt. Das naturschutzrechtliche Rückschnittverbot sehe Ausnahmen vor, sofern der Rückschnitt der Verkehrssicherheit geschuldet sei, so das Verwaltungsgericht Gießen in einem Eilverfahren.
Hecke ragt auf schmalen Bürgersteig
Das Grundstück des Antragstellers ist an der Grundstücksgrenze zum öffentlichen Verkehrsraum hin mit einer über 40 Jahre alten Hecke bepflanzt. Der dortige Bürgersteig ist maximal 1,10 Meter breit. Dem Antragsteller wurde Anfang Februar 2023 von der Gemeinde aufgegeben, die Hecke innerhalb eines Monats bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden. Sollte er dieser Anordnung nicht nachkommen, werde der Rückschnitt auf seine Kosten durch die Gemeinde veranlasst. Der Antragsteller trägt im Eilrechtsschutzverfahren unter anderem vor, er habe die Hecke in 2021 bereits probehalber zurückgeschnitten. Sie sei dadurch bis heute stark beschädigt. Bei einem Rückschnitt auf der gesamten Länge werde die Hecke eingehen und nicht mehr etwa als Nistplatz für Vögel zur Verfügung stehen. Die Hecke stelle auch keine Gefahr für Leib und Leben dar.
VG Gießen: Rückschnitt dient Verkehrssicherheit
Das VG Gießen lehnte den Eilantrag ab. Die gemeindliche Anordnung sei rechtmäßig. Der Antragsteller sei straßenrechtlich dazu verpflichtet, den auf den öffentlichen Verkehrsraum ragenden Bewuchs zu beseitigen. Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit sei hervorzuheben, dass der Bürgersteig mit einer maximalen Breite von 1,10 Metern bereits ohne Beeinträchtigung durch die Hecke sehr schmal sei.
Schonzeit steht Rückschnitt nicht entgegen
Weiterhin sei die Aufforderung zum Rückschnitt auch nicht deshalb rechtswidrig, weil dem Antragsteller etwas rechtlich Unmögliches auferlegt werde. Zwar gelte für den Rückschnitt von Hecken und anderen Gehölzen in der Zeit von März bis September, dass grundsätzlich nur schonende Form- und Pflegeschnitte erlaubt sind. Dieses naturschutzrechtliche Rückschnittverbot sehe selbst jedoch als Ausnahmen vor, dass die Maßnahme behördlich angeordnet ist oder der Verkehrssicherheit dient. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Beschl. v. 21.03.2023 - 4 L 438/23).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- VG Augsburg, Rückschnitt von Pflanzenbewuchs über Gehweg, Rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit des Rückschnitts, Abstrakte und konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit, Zwangsgeld, Sofortvollzug, BeckRS 2022, 23389
- Heckenschnitt: Wann darf / muss man zur Heckenschere greifen?, Meldung vom 03.11.2020, IBRNews 34489