Das Abklingen der Corona-Pandemie macht sich auch beim Bundesverfassungsgericht bemerkbar: Vor allem die Zahl der eingereichten Eilanträge ist zuletzt wieder deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2022 gingen 209 eigenständige Eilanträge in Karlsruhe ein, wie aus dem gestern veröffentlichten Jahresbericht des BVerfG hervorgeht. 2021 waren es 237 und im ersten Corona-Jahr 2020 sogar 271 reine Eilanträge gewesen – ein historischer Höchststand. Ungefähr jeder vierte Eilantrag hatte damals mit den Grundrechtseinschränkungen in der Pandemie zu tun.
Auch weniger Verfassungsbeschwerden
Auch die Zahl der Verfassungsbeschwerden reduzierte sich merklich: von 5.059 im Jahr 2021 auf jetzt 4.670. 1.055 davon waren 2022 mit einem Eilantrag verbunden – im Jahr davor waren es noch 1.330 gewesen. Insgesamt gingen 4.934 neue Verfahren 2022 ein. Damit sank diese Zahl erstmals seit 2002 wieder unter die 5.000er-Marke. Der Spitzenwert war 2014 mit mehr als 6.800 Eingängen verzeichnet worden. Hier zählen zum Beispiel auch Wahlprüfungsbeschwerden oder Richtervorlagen mit. Verfassungsbeschwerde erheben kann jeder, der sich in seinen Grundrechten verletzt sieht. Aber nur wenige haben Erfolg: Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre waren es nach der Auswertung des Gerichts gerade einmal 1,69% aller Beschwerden.
Auch 2023 wieder wichtige Entscheidungen
Auch dieses Jahr stehen beim Ersten und Zweiten Senat wieder wichtige Entscheidungen an. Die insgesamt 16 Richterinnen und Richter haben sich vorgenommen, die Verfahren zum Ausschluss der rechtsextremen NPD von der Parteienfinanzierung, zur Teilwiederholung der Bundestagswahl 2021 in Berlin und zum Anspruch der AfD-Bundestagsfraktion auf bestimmte Ausschussvorsitze zum Abschluss zu bringen. In weiteren Verfahren geht es etwa um die Legalität des Konsums von Cannabis, die verschärften Strafen für Kinderpornografie und die Frage, ob ein rechtskräftig freigesprochener Mordverdächtiger wegen neuer Beweise heute noch einmal vor Gericht gestellt werden kann.
Weiterführende LinksAus der Datenbank beck-online- BVerfG, Vorerst kein AfD-Ausschussvorsitz im Bundestag, BeckRS 2022, 14148
- Lenz, Verfassungsprozessrecht statt Geld für die AfD-nahe Stiftung, NVwZ 2019, 1016
Aus dem Nachrichtenarchiv- Verfassungsbeschwerde gegen Wiederholung der Berlin-Wahl 2021 eingelegt, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 19.12.2022, becklink 2025734
- Vorerst kein AfD-Ausschussvorsitz im Bundestag, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 23.06.2022, becklink 2023678
- Verfassungsbeschwerde von Hotelgruppe gegen Corona-Beschränkungen unzulässig, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 16.03.2022, becklink 2022549
- Mehrere Eilanträge und Verfassungsbeschwerden gegen Bundesnotbremse gescheitert, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 02.06.2021, becklink 2019972
- BVerfG: Cannabis-Konsum bleibt strafbar, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 12.07.2005, becklink 152025
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