Vier Jahre nach seiner Booster-Impfung musste ein Geschädigter es höchstrichterlich erfahren, dass er mit seiner Ärztin die falsche Klagegegnerin hatte – der BGH bestätigte insoweit die Vorinstanzen und verwies ihn auf den Amtshaftungsanspruch.
Ein Mann ließ sich im Jahre 2021 dreimal bei seiner Hausärztin gegen das Covid-Virus impfen und erlitt drei Wochen nach der sogenannten Booster-Impfung eine schwere Herzerkrankung. Seither könne er nicht mehr arbeiten und sei neben der physischen Beeinträchtigung auch psychisch angeschlagen. Die Allgemeinmedizinerin habe ihn nicht ordentlich aufgeklärt und habe auch einen Fehler bei der dritten Impfung gemacht. Er forderte von ihr zuletzt ein Schmerzensgeld von mindestens 800.000 Euro.
Der Geschädigte blieb sowohl in den Vorinstanzen als auch vor dem BGH erfolglos.
Der III. Zivilsenat bestätigte die Vorinstanzen in deren Ansicht, der Kläger habe mit der Ärztin die falsche Person verklagt – die Impfungen gegen Covid seien eine hoheitliche Aufgabe, die von der Ärztin als Verwaltungshelferin erfüllt worden sei. Die Bundesregierung habe im Dezember 2020 auf der Grundlage des § 20i Abs. 3 S. 2 SGB V die CoronaImpf VO erlassen und die Corona-Schutzimpfung zur hoheitlichen Aufgabe gemacht. Die Bevölkerung habe einen Anspruch gegen den Staat auf diese Impfung gehabt, denn diese Maßnahme sei zentral gewesen, um die Pandemie zu bewältigen. Dabei sei es nicht nur um den individuellen Schutz, sondern auch um die Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen gegangen. Daher käme allein die Amtshaftung nach Art. 34 S. 1 GG in Verbindung mit § 839 BGB in Betracht.
Der Staat habe von seinen Bürgern quasi verlangt, sich impfen zu lassen. Der BGH lässt noch einmal Revue passieren: Die Verweigerung der Behandlung habe zeitweise – gerade zu dem Zeitpunkt der dritten Impfung des Klägers im Dezember 2021 – erhebliche Nachteile nach sich gezogen. So gab es bußgeldbewehrte Zugangs- und Kontaktbeschränkungen, dem bußgeldbewehrten Erfordernis eines Testnachweises für das Betreten der Arbeitsstätte oder der Verhängung eines Betretungs- oder Tätigkeitsverbots für in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen.
Den Ärzten wiederum sei durch eine Verordnung vorgegeben worden, wie die Schutzimpfung und die sie begleitenden Leistungen vorzunehmen gewesen seien. Unter diesen Umständen habe die Allgemeinmedizinerin einen solch geringen Entscheidungsspielraum gehabt, dass sie eindeutig als Erfüllungsgehilfin des Staates einzuordnen sei. Die Verantwortung für ihr Tun trägt deshalb der Staat, so der BGH (Urteil vom 9.10.2025 – III ZR 180/24).
Da die letzte Impfung im Jahr 2021 war, dürfte der Anspruch mittlerweile verjährt sein. Da der Geschädigte – wie nun erst nach vier Jahren höchstrichterlich entschieden worden ist – die falsche Person verklagt hat, hemmte die Klage die Verjährungsfristen nicht. Daher könnte der Staat nun die Verjährungseinrede erheben.
BGH, Pressemitteilung Nr. 185 (RW)