Ein Soldat führte seinen neuen Diensthund gemäß einer "Belehrung" für zwei Stunden täglich aus, obwohl laut Vorschrift nur eine Stunde als Dienstzeit galt. Weil die Bundeswehr diesen Widerspruch immer nur "intern geprüft", aber nie aufgelöst hatte, wertete das OVG Lüneburg das nun als Mehrarbeit.
Die zu unterzeichnende "Belehrung" am Ende eines Hundeführer-Lehrganges der Bundeswehr war als dienstliche Anordnung von Mehrarbeit auszulegen, obwohl sie von einer eigentlich unzuständigen Stelle erging. Da die zuständige Vorgesetzte einen Konflikt mit entgegenstehenden Befehlen bis zum Ausscheiden des Hundeführers aus dem Dienst nicht aufgelöst hatte, musste das zusätzliche Ausführen gemäß der Belehrung gesondert vergütet werden, so das OVG Lüneburg (Urteil vom 11.03.2025 – 5 LB 110/23).
Bevor sie ihre Diensthunde der Bundeswehr in die "häusliche Umgebung" mitnehmen durften, hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Lehrgangs für Hundeführer eine "Belehrung" zu unterschreiben: "Der [Diensthund] ist an dienstfreien Tagen vier mal, für mindestens 30 Minuten auszuführen." Ein Oberfeldwebel sah das als Befehl und führte seinen Diensthund daher zwischen 2017 und 2018 an dienstfreien Tagen für insgesamt 118 Stunden aus – ein Mehraufwand, den er vergütet sehen wollte.
Er beantragte die Anerkennung jener Mehrarbeit bei seiner Abteilungsleitung, erhielt allerdings eine Absage. Das "Konzept Diensthundewesen der Bundeswehr" sowie ein ergangener "Schulbefehl" würden lediglich eine Stunde Hundeversorgung pro dienstfreiem Tag als Dienstzeit anrechnen. Zusätzliche Stunden seien nicht angeordnet worden und daher auch nicht vergütungspflichtig. Seine weiteren Beschwerden gegenüber dem Kommandeur und schließlich dem Amtschef blieben ebenso erfolglos. Die "Belehrung", auf die er sich berief, sei vom Hörsaalleiter des Lehrgangs ausgestellt worden. Dieser sei zur Anordnung von Mehrarbeit gar nicht befugt, was dem Oberfeldwebel seiner Position wegen auch bewusst hätte sein müssen. Die "Belehrung" sei insofern fehlerhaft gewesen.
Dem schloss sich auch das VG Oldenburg an. Das OVG Lüneburg ließ aber wegen Zweifeln an der Richtigkeit die Berufung zu. Da der Mann inzwischen nicht mehr als Soldat tätig war, stellte er seine Klage von einer Anrechnung der Dienstzeit auf eine Vergütung um. Beim OVG erhielt er nun recht.
Die "Belehrung" war ein Befehl
Das OVG stimmte der Vorinstanz insofern zu, als dass laut dem "Konzept Diensthundewesen der Bundeswehr" und dem Schulbefehl nur eine Stunde Hundeversorgung pro Tag als Dienstzeit gutgeschrieben werden sollte. Die "Belehrung" vom Ende des Lehrgangs betrachtete der 5. Senat hingegen genauer.
Diese sei – so das Gericht – eine dienstliche Anordnung von Mehrarbeit. Das folge unter anderem daraus, dass die entsprechende Abteilung der Bundeswehr als Aussteller in der Kopfzeile stand. Laut dem "Verteiler" in der Fußzeile sei jene Belehrung außerdem in die Personalakte der Teilnehmenden aufzunehmen gewesen. Ziel des Lehrgangs sei außerdem gewesen, eine immer stärker werdende Bindung zwischen den Soldatinnen und Soldaten und ihrem jeweiligen Diensthund herzustellen. Dass ein entsprechendes "Mehr" an Hundepflege als zusätzliche Dienstzeit angeordnet werde, sei insoweit plausibel gewesen. Das Gericht legte den Formularvordruck daher insgesamt dahingehend aus, dass die Soldatinnen und Soldaten darin eine verbindliche Anordnung sehen durften.
Zuständigkeit war ungeklärt
Dass der eigentliche Aussteller der Belehrung – der Hörsaalleiter – für eine Anordnung von Mehrarbeit nicht zuständig war, verfange nicht. Im Gegenteil: Die interne Zuständigkeit sei sogar irrelevant, so das OVG. Entscheidend sei nur, ob Mehrarbeit angeordnet wurde, nicht jedoch, ob sie auch angeordnet werden durfte.
Zudem habe die Vorgesetzte von der fehlerhaften Belehrung frühzeitig Kenntnis gehabt. Mehrere Teilnehmende des Lehrgangs hätten die Vertrauensperson des Lehrgangs auf den Widerspruch angesprochen, die dies wiederum an die Vorgesetzte weitergeleitet habe. Dort sei derSoldat jedoch mehrfach mit dem Hinweis "vertröstet" worden, die Sache werde intern gerade geprüft. Auch nach mehreren Monaten habe sich der Sachstand nicht geändert. Das OVG folgerte aus der Untätigkeit der Disziplinarvorgesetzten schließlich eine "einstweilige Billigung" der Regelung in der Belehrung. Sie hätte den Widerspruch klar und unmissverständlich aufklären müssen – etwa durch einen entsprechenden "Gegenbefehl". Stattdessen habe sie erstmals in dem ablehnenden Bescheid gegenüber dem Oberfeldwebel von einer "fehlerhaften" Belehrung gesprochen. Das habe nicht ausgereicht. Der ehemalige Oberfeldwebel erhielt schließlich eine Vergütung von über 1.700 Euro.
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