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Beschwerde als Beistand: Jurastudent muss nicht zahlen

Redaktion beck-aktuell
Wer als Ver­letz­ten­bei­stand "na­mens und in Voll­macht" des Ge­schä­dig­ten Be­schwer­de ein­legt, meint das auch so. Das BVerfG sah da kei­nen Aus­le­gungs­spiel­raum und kas­sier­te die Kos­ten­ent­schei­dung gegen einen Ju­ra­stu­den­ten, der sei­nen Ver­wand­ten in einem Straf­ver­fah­ren half.

Ein Verletztenbeistand hat die Kosten eines "im Namen und in Vollmacht" des oder der Vertretenen geltend gemachten Rechtsmittels nur selbst zu tragen, wenn er gegen deren Willen gehandelt hat. Das BVerfG kassierte deshalb einen Beschluss des LG Hannover, das einen Nachwuchsjuristen zur Kasse gebeten hatte, der als Beistand für einen Verwandten tätig gewesen war (Beschluss vom 24.07.2025 – 2 BvR 424/24).

Der Jurastudent war in einem Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung auf Antrag seines Verwandten als dessen Verletztenbeistand eingesetzt worden (§§ 406f Abs. 1138 StPO). Nach § 406f Abs. 1 StPO können sich auch Opfer einer Straftat im Verfahren "des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen." Das Gericht hielt hier jedoch auch den Jurastudenten als Vertreter für geeignet, da dieser als Familienangehöriger das Vertrauen des Geschädigten genieße und das Tätigwerden eines Familienangehörigen, der zudem über Rechtskenntnisse verfüge, mit den Belangen der Rechtspflege vereinbar sei.

Als die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Täter schließlich einstellte, legte der Student "namens und in Vollmacht" des Geschädigten Beschwerde ein und beantragte – ohne diese Formel – Akteneinsicht.

Akteneinsicht in falschem Namen

Das lehnte die Staatsanwaltschaft mit der Begründung ab, ihm als Verletztenbeistand stehe dieses Recht nicht zu: Nur der oder die Geschädigte selbst (oder ein benannter Vertreter bzw. eine Vertreterin in seinem oder ihrem Namen) könne die Akteneinsicht verlangen. Hier habe der Student aber gerade nicht in fremdem Namen die Akteneinsicht gefordert. Das AG folgte dieser Begründung und sah in dem Antrag auf Akteneinsicht eine Erklärung im eigenen Namen des Studenten.

Gegen diesen Beschluss erhob der Nachwuchsjurist wiederum "namens und in Vollmacht für den Geschädigten" Beschwerde, woraufhin sich auch das LG Hannover der Vorinstanz anschloss: Aus seinem Schriftsatz sei gerade nicht hervorgegangen, dass er die Akteneinsicht im Namen des Geschädigten verlange. Er sei zwar ermächtigt gewesen, habe den Antrag aber fälschlicherweise nicht in fremdem Namen gestellt. Das Gericht erlegte ihm daher auch die Kosten für die Beschwerde auf.

Gegen letzteres wandte sich der Student nun mit einer Verfassungsbeschwerde. Die Kostenentscheidung sei willkürlich ergangen und verletze ihn in daher seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Das LG habe durchaus anerkannt, dass die Beschwerde im Namen des Geschädigten eingelegt worden sei. Die Kosten nun dennoch ihm persönlich aufzuerlegen, sei "völlig unverständlich" und lasse nur den Schluss zu, die Entscheidung beruhe auf sachfremden Erwägungen.

BVerfG: Kostenbescheid willkürlich

Auch die 3. Kammer des Zweiten Senats in Karlsruhe sah in der Kostenentscheidung staatliche Willkür und gab der Verfassungsbeschwerde statt. Ziel der Erhebung von Gebühren und Auslagen sei es, die Kosten nach dem Veranlassungsprinzip zuzuordnen. Wer ein Rechtsmittel für jemand anderen einlege, sei aber nur im Ausnahmefall Veranlasser in diesem Sinne: Und zwar, wenn der oder die Vertretene dem Rechtsmittel widersprochen oder sonst wie einen entgegenstehenden Willen zu erkennen gegeben habe. Das sei hier gerade nicht der Fall gewesen.

Der Student habe die Beschwerde ausdrücklich "namens und in Vollmacht" des Geschädigten erhoben. Dazu sei er ohne Zweifel bevollmächtigt gewesen; und auch eine Überschreitung seiner Vollmacht sei nicht ersichtlich. Die Beschwerde als Rechtsmittel sei damit "nach allgemeiner Ansicht" dem Geschädigten zuzurechnen und nicht dem Studenten als Verletztenbeistand. Dann könnten ihm aber auch nicht die Kosten auferlegt werden.

Daran ändere auch die Beschlussformel des LG Hannover nichts, die von einer "Beschwerde des Verletztenbeistands" gesprochen hatte. Diese Formulierung stehe bereits im Widerspruch zum Rest des Beschlusses, der auch von einer Beschwerde "namens und in Vollmacht" des Geschädigten gesprochen habe. Ob der Antrag auf Akteneinsicht nun tatsächlich – wie von den ordentlichen Gerichten behauptet – fehlerhaft war, sei dafür nicht erheblich. Der Kostenbescheid wurde daher aufgehoben und die Entscheidung insoweit an das LG Hannover zurückverwiesen. 

 

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