Eine russische Bank unterstellt deutschen Gerichten Willkür, weil sie die Zustellung einer Klage der Bank von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängig gemacht haben, anstatt hiervon ausnahmsweise abzusehen. Die Verfassungsbeschwerde bleibt erfolglos.
Die Bank, die sich mehrheitlich im russischen Staatsbesitz befindet, reichte in Deutschland eine aktienrechtliche Anfechtungsklage ein. LG und OLG machten die Zustellung der Klage davon abhängig, dass die Bank die angeforderte Verfahrensgebühr zahlt. Die Bank trägt vor, dass sie die Gebühr objektiv gar nicht hätte zahlen können: Infolge der EU-Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs sei sie aus dem SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen.
Vor dem BVerfG rügt sie einen Verstoß gegen das Willkürverbot, wegen der Nichtanwendung der Ausnahmevorschrift des § 14 Nr. 3 Buchstabe a GKG. Nach dieser kann – vereinfacht dargestellt - eine Klage auch ohne Zahlung der Kosten zugestellt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtslos erscheint und die alsbaldige Zahlung der Kosten Schwierigkeiten bereiten würde. Die Bank beruft sich zudem darauf, ihr Recht auf Zugang zu den Gerichten sei verletzt worden.
Verzögerte Antragstellung war für OLG maßgeblich
Die Richter und Richterinnen in Karlsruhe nehmen die Verfassungsbeschwerde schon nicht zur Entscheidung an, weil sie sie für unzulässig halten (Beschluss vom 28.05.2025 – 1 BvR 825/25). Die Bank lege nicht hinreichend dar, in Grundrechten verletzt sein zu können. Sie setze sich nicht genügend mit den Gründen der angegriffenen OLG-Entscheidung auseinander.
Das OLG habe die beabsichtigte Rechtsverfolgung für aussichtslos gehalten. Die Monatsfrist für die aktienrechtliche Anfechtungsklage könne nicht mehr gewahrt werden. Der Antrag nach § 14 Nr. 3 GKG sei erst ein Jahr und einen Monat nach Anforderung der Kosten gestellt worden. Die unterbliebene Zustellung der Klage beruhe deshalb – die Erfolgsaussicht des Antrags im Übrigen unterstellt – darauf, dass die Bank den Antrag nach § 14 Nr. 3 GKG nachlässig behandelt habe. Diese Verzögerung hindere eine Rückwirkung der Zustellung gemäß § 167 ZPO.
Über diesen Kern der Begründung des OLG geht die Verfassungsbeschwerde aus Sicht des BVerfG hinweg. Sie mache geltend, im vorliegenden Fall habe die Frist nie zu laufen begonnen, weil die Bank durch den Ausschluss aus dem SWIFT-Zahlungssystem objektiv daran gehindert gewesen sei, den Gerichtskostenvorschuss zu überweisen. Das sei aber für das OLG gar nicht entscheidend gewesen. Es habe vielmehr auf die verzögerte Stellung des Antrags nach § 14 Nr. 3 GKG abgestellt. Ob die Bank den Vorschuss überweisen konnte, sei dafür nicht relevant (Beschluss vom 28.05.2025 - 1 BvR 825/25).
Aus der Datenbank beck-online
Lühmann/Rösch/Taufmann, Ausgewählte Konsequenzen der EU-Russlandsanktionen für das Bankwesen, BKR 2025, 18
OLG Frankfurt a.M., Keine Gerichtskostenvorschussfreiheit sanktionierter Klägerin bei aussichtsloser Rechtsverfolgung, BeckRS 2025, 9249 (angegriffene Entscheidung)
Schwendinger/Göcke, Die Russland-Sanktionen der EU, EuZW 2022, 499
Bachmann/Ventura, Sechstes EU-Sanktionspaket als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine, UKuR 2022, 195
Siadat, Die Russland-Sanktionen und ihre Umgehung durch Kryptowährungen, BKR 2022, 353