Das VG Potsdam hat die Klage einer in den Irak abgeschobenen jesidischen Familie aus der Uckermark gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unbegründet abgewiesen. Das Gericht hob einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vom März 2023 nur insoweit auf, als darin die Forderung nach Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes als "offensichtlich unbegründet" ablehnt worden war, wie Sprecher Ruben Langer sagte. Er sei vielmehr nur "unbegründet". Was das Urteil konkret für die abgeschobene Familie bedeutet, ist bisher offen.
Die Familie mit vier minderjährigen Kindern, die seit mehreren Jahren in Lychen gewohnt hatte, war am Dienstag vergangener Woche abgeschoben worden. Wegen eines Eilantrags hob das VG Potsdam die Ausreisepflicht zwar am selben Tag auf - die Entscheidung fiel aber, als die Familie bereits im Flugzeug saß. Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos) hatte am Freitag erklärt, er wolle die Familie in Abstimmung mit dem Bund zügig zurückholen, falls die gerichtliche Eilentscheidung Bestand habe.
Gericht sah keine Verfolgung durch IS
Das VG sah in seinem Urteil auf die Klage aus dem Jahr 2023 nach Angaben des Sprechers weder eine beachtliche individuelle Bedrohung wie Verfolgung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) noch hinreichende Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung von Jesiden als gegeben an. Die Anwältin kann nun innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils in Berufung vor dem OVG Berlin-Brandenburg gehen.
Die Familie hatte im Jahr 2023 gegen die Ablehnung ihres Antrags auf internationalen Schutz und gegen die Abschiebeandrohung geklagt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag der Familie damals ab. Mit einem Eilantrag wollte die Familie die aufschiebende Wirkung der Klage erreichen, das wies das Verwaltungsgericht 2023 ab. Damit war die Familie ausreisepflichtig.
Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit. Der Bundestag hatte 2023 Verbrechen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Jahr 2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt.
Anwältin spricht von Teilerfolg
Die Anwältin der Familie, Kareba Hagemann, verwies darauf, dass die Klage nur teilweise abgewiesen und das Asylbegehren von "offensichtlich unbegründet" in "unbegründet" geändert worden sei. Die Ausreisefrist liegt laut Gericht in diesem Fall bei 30 Tagen nach rechtskräftigem Bescheid.
"Natürlich werde ich mich weiterhin dafür einsetzen, dass die Jesiden hier Schutz bekommen", sagte die Anwältin der Deutschen Presse-Agentur. Sie seien im Irak bedroht. Hagemann will prüfen, ob sie in Berufung geht. Der Tenor des Urteils habe schon im April festgestanden, sagte sie.
Das Brandenburger Innenministerium sieht zum aktuellen Zeitpunkt keine Möglichkeit, die Familie zurückzuholen. Eine Ministeriumssprecherin verwies auf das Eilverfahren in Potsdam. "Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, sodass hierzu derzeit keine näheren Angaben gemacht werden können", sagte die Sprecherin.