Der Sohn war 2015 als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland eingereist und hatte die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen. Im Juli 2022 erhielt er durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Auswärtige Amt lehnte daraufhin den seit 2017 laufenden Visumantrag seiner Eltern auf Familiennachzug ab – schließlich sei mit der Einbürgerung des Sohnes dessen Flüchtlingseigenschaft erloschen.
Das VG hatte daraufhin zunächst entschieden, dass den Eltern Visa zum Nachzug erteilt werden müssten. Die praktische Wirksamkeit des Rechts der EU gebiete es, dass ein bestehender Anspruch auf Familienzusammenführung auch durch eine Einbürgerung nicht entfallen dürfe, so das Gericht.
Das OVG Berlin-Brandenburg sieht das anders: Sobald jemand die deutsche Staatsangehörigkeit und damit auch die EU-Bürgerschaft erhalte, sei die europäische Richtlinie zur Familienzusammenführung nicht mehr anwendbar. Deshalb greife auch die zu dieser Richtlinie ergangene Rechtsprechung des EuGH nicht mehr, wonach ein Familiennachzug grundsätzlich auch dann noch möglich sei, wenn eine geflüchtete Person bei ihrem Asylantrag minderjährig war, inzwischen aber volljährig ist. Diese Grundsätze ließen sich auf den Nachzug zu einem (nunmehr) deutschen Staatsangehörigen nicht übertragen, so das OVG (Urteil vom 03.06.2025 – OVG 3 B 20/24).
Die Eltern können gegen das Urteil Revision beim BVerwG einlegen.
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