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Uni-Kanzler darf nicht in eigener Sache disziplinieren

BVerwG
Der Kanz­ler einer TU sank­tio­nier­te seine Ex-Stell­ver­tre­te­rin wegen schwe­rer Vor­wür­fe gegen ihn mit einer Geld­bu­ße. Das BVer­wG schritt ein: Er sei wegen Be­fan­gen­heit vom Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren aus­ge­schlos­sen, nie­mand könne Rich­ter in ei­ge­ner Sache sein. Der Feh­ler könne auch nicht vom Ge­richt ge­heilt wer­den.

Eine Dezernentin und Stellvertreterin des Kanzlers an einer Technischen Universität wurde gegen ihren Willen in ein neues Referat umgesetzt. Anschließend scheiterte ihre Bewerbung für die Nachfolge im Kanzleramt, für das sich auch der bisherige Kanzler wieder beworben hatte. Daraufhin wandte die Beamtin sich an den Hochschulrat und den Senat der Uni und erhob schwere Vorwürfe gegen den Kanzler rund um ihre Umsetzung. Das brachte ihr vom Kanzler eine Geldbuße in Höhe von 25% ihrer Bezüge als Disziplinarmaßnahme unter anderem wegen Verletzung ihrer Verschwiegenheitspflicht ein. Ein Eilantrag der Beamtin zur Verhinderung der Ernennung des gewählten Kanzlers scheiterte.

Nachdem das VG das Disziplinarverfahren auf Klage der Beamtin aus formellen Gründen eingestellt hatte, führte die Berufung der Uni zu einer Geldbuße von 1.500 Euro für die Frau. Eine mögliche Befangenheit des Kanzlers oder dessen Ausschluss im behördlichen Disziplinarverfahren hielt das OVG für unerheblich. Es argumentierte, das Gericht prüfe bei einer Klage gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch deren Zweckmäßigkeit. Da es somit eigene Disziplinargewalt ausübe, könne eine Befangenheit im behördlichen Verfahren im gerichtlichen Verfahren geheilt werden.

Das ließ das BVerwG nicht stehen (Urteil vom 07.11.2024 - 2 C 18.23). Die Revision der Beamtin führte wegen formeller Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung zu deren Aufhebung. Das OVG habe zu Unrecht eine umfassende Befugnis des Gerichts zur "Heilung" von formellen Mängeln einer Disziplinarverfügung angenommen. Zwar habe das Gericht auch die Zweckmäßigkeit einer angefochtenen Disziplinarverfügung zu überprüfen, das erlaube ihm aber nicht, zwischen rechtmäßigen und - hier wegen der Befangenheit des Kanzlers - fehlerhaften Alternativen zu wählen. Außerdem übergehe diese Annahme die Unterschiede zwischen Disziplinarverfügung und Disziplinarklage. Da die Verfügung das Verhalten des Beamten unmittelbar sanktioniere, müsse sie den elementaren Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren genügen. Anders als bei einer Disziplinarklage habe das Gericht bei einer Disziplinarverfügung keine Möglichkeit, formelle Mängel zu beseitigen.

Laut BVerwG war der Kanzler vom Disziplinarverfahren ausgeschlossen. Nach § 3 LDG NRW i. V. m. § 20 Abs. 1 S. 2 VwVfG NRW darf in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde unter anderem nicht tätig werden, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil erlangen kann. Das sei hier aber der Fall gewesen, so das BVerwG. Denn zum einen könne "niemand Richter in eigener Sache" sein. Der Kanzler habe die Beamtin wegen ihrer gegen ihn im Vorfeld der Kanzlerwahl erhobenen erheblichen Anwürfe aber selbst sanktioniert. Außerdem sei zu sehen, dass beide um das Kanzleramt konkurriert hätten. Der Fehler sei auch nicht analog § 45 VwVfG NRW "geheilt" worden. Er sei auch nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass die Geldbuße ohne Mitwirkung des Kanzlers geringer ausgefallen oder gar keine Disziplinarverfügung ergangen wäre (Urteil vom 07.11.2024 - 2 C 18.23).

Mehr zum Thema

Aus der Datenbank beck-online

BVerwG, Relevanz von Fehlern im behördlichen Verfahren für die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarverfügung, BeckRS 2024, 42392 (ausführliche Gründe)

OVG Münster, Disziplinarverfahren, Dienstvergehen, Verfahrensmangel, Beamte, Dienstposten, Bewerber, Dienstpflicht, Besorgnis der Befangenheit, BeckRS 2022, 37034 (Vorinstanz)

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