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Fortdauer der U-Haft: 0,66 Verhandlungstermine pro Woche sind zu wenig

BVerfG
Zwei Män­ner sind seit Juli 2023 in U-Haft, das OLG be­stä­tig­te die Haft­fort­dau­er. Das BVerfG hat die Sache zu­rück­ver­wie­sen. Der OLG-Be­schluss ent­hal­te keine aus­rei­chen­de Be­grün­dung, die die Fort­dau­er trotz ge­rin­ger Ter­min­dich­te in dem Ver­fah­ren recht­fer­ti­gen könn­te.

Die beiden wegen versuchten Mordes in 10 Fällen und Brandstiftung angeklagten Männer sind seit Juli 2023 in U-Haft. Die Hauptverhandlung startete am 3. Mai 2024. Für den Zeitraum vom 3. Mai bis zum 24. Juni 2024 setzte die Vorsitzende sechs Termine an, im weiteren Verlauf dann sukzessive weitere 15 Termine bis zum 17. Dezember 2024, also insgesamt 21 Termine.

Die Verteidiger der beiden Männer beantragten am 16. Oktober 2024 Haftprüfung, um die Aufhebung des Haftbefehls zu erreichen. Sie rügten einen Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz, weil die Terminsdichte zu gering sei. Das LG erhielt den Haftbefehl aber aufrecht und ordnete die Fortdauer der U-Haft an. Die Beschwerden dagegen verwarf das OLG. Die LG-Vorsitzende hatte ihm zuvor mitgeteilt, dass sechs weitere Termine bis zum 14. Februar 2025 bestimmt worden seien.

Das OLG meinte, Verhandlungsdichte und -intensität der Hauptverhandlung entsprächen zwar nicht den grundsätzlichen Anforderungen des Beschleunigungsgebots in Haftsachen. Gleichwohl beschränke sich die Frage, ob das Beschleunigungsgebot verletzt sei, nicht auf die mathematische Auswertung der entsprechenden Statistik. Es führte mehrere Gründe für die geringe Anzahl an Terminen an: Das ursprüngliche Beweisprogramm sei bereits weitgehend abgearbeitet gewesen, die Verteidigung habe Vorbereitungszeit für Zeugenvernehmungen gebraucht, die aufgrund von Nachermittlungen nötig gewesen seien. Auch sei die Bestimmung weiterer Verhandlungstermine mit allen einschließlich der Schöffen terminlich schwierig gewesen.

Geringe Termindichte: Fortdauer der U-Haft nicht ausreichend begründet

Das hielt der Kontrolle des BVerfG nicht Stand, das den OLG-Beschluss auf die Verfassungsbeschwerden der beiden Männer hin aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen hat (Beschluss vom 05.02.2025 - 2 BvR 24/25, 2 BvR 69/25). Der Beschluss genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung von Haftfortdauerentscheidungen und verletze die beiden Männer in ihrem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG, so das BVerfG. Das LG habe nur an durchschnittlich 0,66 Tagen pro Woche verhandelt. Der Beschluss enthalte keine tragfähige Begründung, die die weitere Fortdauer der U-Haft trotz der geringen Verhandlungsdichte und -intensität ausnahmsweise rechtfertigen könnte.

Laut BVerfG verletzen jedenfalls die seit dem 5. September 2024 durchgehend unterbliebenen Bemühungen um eine Kompensation der eingetretenen Verfahrensverzögerung das Beschleunigungsgebot in Haftsachen. Für den Zeitraum vom 5. September bis zum 1. November 2024 sei die geringe Termindichte nicht nachvollziehbar. Der vage Hinweis auf die von der Verteidigung benötigte Vorbereitungszeit genüge hier nicht. Hinsichtlich der terminlichen Verhinderungen hätte sich das OLG laut BVerfG mit der Frage befassen müssen, ob die damit verbundenen beträchtlichen Unterbrechungszeiten über einen Zeitraum von mehr als einem Monat durch zwingende und nicht der Justiz anzulastende Gründe veranlasst gewesen seien.

Für den November und Dezember 2024 greife der Hinweis auf Verhinderungen eines oder mehrerer Verteidiger nicht. Denn das Hinausschieben der Hauptverhandlung wegen Terminschwierigkeiten der Verteidiger könne eine erhebliche Verzögerung nicht rechtfertigen. Zudem habe das OLG die ihm bekannte Planung für die Monate Januar und Februar 2025 nicht geprüft, die ebenfalls nicht das Mindestmaß von mehr als einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche erreiche und damit unter der erforderlichen Termindichte bleibe (Beschluss vom 05.02.2025 - 2 BvR 24/25).


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