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Barrierefreie Gerichtsunterlagen: Anwalt muss Blinder Schriftsätze vorlesen

LSG Bayern
Eine na­he­zu voll­stän­dig er­blin­de­te Ärz­tin stritt sich vor Ge­richt um die Kos­ten einer As­sis­tenz­kraft. Sie ver­lang­te vom Ge­richt eine voll­stän­di­ge Di­gi­ta­li­sie­rung der Akte in Au­dio­form. Das LSG Bay­ern lehn­te ab: Da der Ver­fah­rens­in­halt über­schau­bar sei, könne ihr An­walt sie aus­rei­chend in­for­mie­ren.

Eine Ärztin erkrankte während ihrer Promotion 2010 an einer schweren Hornhautentzündung der Augen, was ihre Sehkraft stark einschränkte. Zu dieser Zeit arbeitete sie an einem onkologischen Forschungsprojekt. Von den schleswig-holsteinischen Sozialgerichten verlangte sie die Einstufung ihrer Erkrankung als Folge eines versicherten Arbeitsunfalls. Während dieser Prozess noch lief, leitete sie in Bayern ein Verfahren bezüglich der Kosten für eine Assistenz ein (Persönliches Budget nach dem Arbeitgebermodell). In diesem Verfahren verlangte sie über ihren Anwalt vom LSG Bayern, ihr alle Verfahrensdokumente des einstweiligen Rechtsschutzes und des Klageverfahrens als Audioaufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Das LSG lehnte dies ab.

Das LSG Bayern hat entschieden, dass ihr Bevollmächtigter sie ausreichend über den Sachstand informieren könne (Beschluss vom 16.01.2025 - L 2 U 313/24 B ER). Es gehe schließlich um eine überschaubare Sache und das Vorlesen der Schreiben sei in gewissem Umfang eine berufsrechtliche Verpflichtung des Juristen: "Jedenfalls bei nicht langen (gegnerischen und gerichtlichen) Schreiben im gerichtlichen Verfahren, wie dies vorliegend der Fall ist, unterfällt das Vorlesen der Schreiben der berufsrechtlichen Verpflichtung des Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin – und zwar mit der Konsequenz, dass die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf barrierefreie Zugänglichmachung gegenüber dem Gericht hat."

Entgegen der Ansicht des Anwalts bestehe der Anspruch auf Audiodokumente nicht pauschal und voraussetzungslos. Das LSG lehnte insoweit einen Beschluss des LG München I von 2023, das dies so auch zugunsten einer anwaltlich vertretenen Person entschieden hatte, als "nicht überzeugend" ab (Beschluss vom 16.01.2025 - L 2 U 313/24 B ER).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

BGH, Ausschluss der Übermittlung von Gerichtsdokumenten in Blindenkurzschrift, NJW 2014, 1455

BVerfG, Zugänglichmachung von Prozessunterlagen in Blindenschrift, NJW 2014, 3567

LG München I, Barrierefreier Zugang zu Gerichtsdokumenten, NJW-RR 2023, 1486


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