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Tempolimit für den Wohnungsbau

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schröer, LL.M. (Illinois), Frankfurt am Main

4/2023

Das ging schnell: Die Anbindungsleitung Wilhelmshaven für das erste deutsche LNGTerminal wurde in nur zehn Monaten geplant und fertiggestellt. Der Bundeskanzler und die Betreibergesellschaft sprachen bei der Eröffnung vom „Bauen in neuer Deutschlandgeschwindigkeit“ (Tagesspiegel, 17.12.2022). Beim Wohnungsbau wird hingegen noch nach altem Deutschlandtempo gebaut, wie das Beispiel des in Freiburg im Breisgau geplanten Stadtteils Dietenbach zeigt. Dort sollen im Außenbereich 7.000 Wohnungen für mehr als 15.000 Menschen entstehen. Die Planungen laufen seit 2012. Die Stadt prognostizierte, dass Anfang der Vierzigerjahre alles fertiggestellt sei. Wegen der gestiegenen Baupreise und Zinsen könnte es aber noch deutlich später werden.

Bei dem Projekt Freiburg-Dietenbach handelt es sich um eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (§§ 165 ff. BauGB), die als schärfstes Schwert des Städtebaurechts gilt. Entwicklungsmaßnahmen müssen durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein und einen erhöhten Bedarf an Wohnraum decken. Die „zügige Durchführung der Maßnahme innerhalb eines absehbaren Zeitraums“ muss gewährleistet sein (§ 165 III 1 Nr. 4 BauGB). In der praktischen Umsetzung ist zügig aber nicht schnell (Schröer, FAZ, 14.1.2023, S. 13). Rechtlich hat das BVerwG an dieser langen Verfahrensdauer nichts zu beanstanden, wie sich aus dem Beschluss des 4. Senats vom 24.5.2022 ergibt (ZfBR 2022, 684 [687] = BeckRS 2022, 17171; dazu: Schröer/Kümmel, NVwZ 2023, 30 [31 f.]). Alles hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. „Unterwegs“ auftretende Hindernisse müssten allerdings unverzüglich beseitigt werden.

Den Terminals half, dass der Gesetzgeber ihnen ein eigenes Beschleunigungsgesetz (LNGG vom 24.5.2022, BGBl. 2022 I 802) mit diversen Erleichterungen spendierte. Beim Wohnungsbau sind indes bislang alle gesetzlichen Beschleunigungsversuche gescheitert, wie sich zuletzt am Beispiel des Baulandmobilisierungsgesetzes vom 14.6.2021 gezeigt hat (BGBl. 2021 I 1802). Bei genauem Hinsehen erkennt man die Unterschiede zwischen großen Infrastrukturprojekten und Bauleitplanung: Die Schaffung von Wohnbauland ist in kommunaler Hand und damit oft von fragilen Mehrheiten in den Parlamenten abhängig. Außerdem konterkariert der Gesetzgeber das Zügigkeitsgebot bei Entwicklungsmaßnahmen durch überkomplexe Vorgaben, die für die Aufstellung von Bebauungsplänen gelten und deren Einhaltung am Ende penibel von den Gerichten kontrolliert wird. Im Gegensatz zu den Terminals gibt es auch keinen gesellschaftlichen Konsens zu ambitioniertem Wohnungsbau. In der Praxis hat das viele Klageverfahren zur Folge, was zu weiteren Verzögerungen führt.

Hierzu gibt es keine einfachen Lösungen. Das hat auch die Bundespolitik erkannt. Andernfalls hätte man bei dem von der Bundesregierung ausgerufenen Bündnis für bezahlbares Wohnen andere Maßnahmen vorgeschlagen, als die 187 kleinteiligen und mutlosen Verbesserungsvorschläge, die im Oktober 2022 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Klar ist damit, dass das LNG-Beschleunigungsgesetz keine Blaupause für schnelleren Wohnungsbau abgibt. Wer das glaubt, vergleicht Äpfel mit Birnen. Einstweilen bleibt es damit bei einem strikten Tempolimit für den Wohnungsbau.

 

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