chb_rsw_logo_mit_welle_trans
Banner Jubiläumslogo

Bußgeldverfahren eingestellt: Auslagen durften dem Mandanten nicht auferlegt werden

BVerfG
Wird ein Ge­richts­ver­fah­ren wegen einer ver­meint­li­chen Ge­schwin­dig­keits­über­schrei­tung ein­ge­stellt, weil der Be­trof­fe­ne of­fen­sicht­lich nicht der Fah­rer war, dür­fen ihm ohne Be­grün­dung seine not­wen­di­gen Aus­la­gen nicht auf­er­legt wer­den. Das BVerfG konn­te Will­kür nicht aus­schlie­ßen.

Ein Autofahrer erhielt einen Bußgeldbescheid, wonach er sich einer Geschwindigkeitsüberschreitung schuldig gemacht haben sollte. Er beauftragte einen Anwalt, dagegen vorzugehen. Der holte sich die Akte und entdeckte, dass das Radarfoto einen anderen Mann als seinen Mandanten zeigte. Zu der Hauptverhandlung erschien der Halter dann mit seinem Anwalt und der Richter stellte das Verfahren ein. Allerdings erlegte er der Landeskasse nur die Kosten des Verfahrens auf, die notwendigen Auslagen – das Rechtsanwaltshonorar – musste der Autofahrer selbst tragen. Eine Begründung dafür gab es nicht.

Sowohl die sofortige Beschwerde als auch die Anhörungsrüge wurden als unzulässig abgewiesen. Erst das BVerfG hatte ein Einsehen, hob die Entscheidung des AG auf und verwies den Fall zurück.

Willkürverbot verletzt

Das BVerfG (Beschluss vom 27.09.2024 – 2 BvR 375/24) sah in der Kostenentscheidung einen Verstoß gegen das Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG: Sie sei nicht begründet worden und schlichtweg nicht nachvollziehbar. Gerade im Hinblick auf die Grundsatzregel in § 467 Abs. 1 StPO, wonach bei Freispruch und einer Einstellung des Verfahrens der Landeskasse auch die notwendigen Auslagen aufzuerlegen seien, sei nicht auszuschließen, dass der Beschluss auf sachfremden Erwägungen beruhe.

Selbst wenn man von einer Entscheidung nach § 467 Abs. 4 StPO ausginge, wonach das Gericht bei einer Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG über die Auslagen eine Ermessensentscheidung treffe, hätte es begründen müssen, warum der Autofahrer seine Rechtsanwaltskosten selbst tragen solle, obwohl er die Geschwindigkeitsüberschreitung offensichtlich nicht begangen hatte.

Die Verfassungsrichterinnen und -richter riefen den Instanzgerichten in Erinnerung, dass sie die – an sich unanfechtbare – Auslagenentscheidung auf die Anhörungsrüge hin nach § 33a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG noch selbst hätten berichtigen können (Beschluss vom 27.09.2024 - 2 BvR 375/24).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

Krumm, „Kann man das nicht einfach einstellen?“ – Die Einstellung nach § 47 OWiG im Verkehrsrecht, NZV 2021, 605

BVerfG, Unvertretbare Kostenentscheidung nach Einstellung des OWi-Verfahrens, StRR 2015, 474

BVerfG, Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von erheblichem Parteivorbringen, BeckRS 2013, 53736

Anzeigen:

NvWZ Werbebanner
VerwaltungsR PLUS Werbebanner

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü