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EuGH bestätigt Altersgrenze für Notare

Rechts­an­walt und Notar Ulf Schö­nen­berg-Wes­sel
Der EuGH hat be­stä­tigt, dass die in § 5 BNotO vor­ge­se­he­ne Al­ters­gren­ze für No­ta­re mit dem Uni­ons­recht ver­ein­bar ist. Warum die Al­ters­gren­ze keine un­zu­läs­si­ge Dis­kri­mi­nie­rung dar­stellt, son­dern aus­schlie­ß­lich le­gi­ti­me Zwe­cke ver­folgt, er­läu­tert Rechts­an­walt und Notar Ulf Schö­nen­berg-Wes­sel.

Mit seinem Urteil vom 17. Oktober 2024 (C-408/23) hat der der EuGH die Altersgrenze für Notare in § 5 (4) BNotO bestätigt. Die Norm verstoße insbesondere nicht gegen Art. 16 (1) der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Die Entscheidung erfolgte auf ein Vorabentscheidungsersuchen des OLG Köln. Der EuGH sah den Anwendungsbereich der Richtlinie zwar eröffnet, hielt die Ziele der Altersgrenze jedoch für legitim.

Die Altersgrenzen für Notare in § 5 (4) und § 48a BNotO verfolgten jeweils einen legitimen Zweck. Als ein solches legitimes Ziel hat der EuGH insbesondere auch die Sicherstellung einer geordneten Altersstruktur und des Generationswechsels im Notariat anerkannt. Die Regelungen eröffnen jüngeren Juristen den Zugang zur Bestellung als Notar. Dadurch wird anerkannten Gründen des Allgemeinwohls gedient und die Sicherung der Qualität notarieller Dienstleistungen und der Schutz der rechtssuchenden Bürger gewährleistet.

Notariat dem Beamtenverhältnis ähnlich

Der Notar ist gemäß § 1 BNotO ein unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes und als solcher Teil der Rechtspflege in Deutschland. Dies gilt sowohl für Anwaltsnotare als auch für Nur-Notare. Notarinnen und Notare üben unabhängig von der Notariatsform keine freiberufliche Tätigkeit aus. Zwar sind sie keine Beamten, da sie nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staat stehen. Aufgrund der "sachlich bedingten Nähe zum öffentlichen Dienst" ist das Verhältnis zum Staat hinsichtlich seines Regelungsgehalts allerdings dem Beamtenverhältnis sehr ähnlich, sodass für die Ernennung des Notars sowie für das Ausscheiden aus dem Amt durch den Gesetzgeber Altersgrenzen vorgegeben sind. Vergleichbare Regelungen finden sich etwa auch in § 51 BBG oder § 48 DRiG. Notare handeln stets hoheitlich und erfüllen ausschließlich Obliegenheiten des Staates.

Während in den Bereichen des Nur-Notariats der Bestellung zum Notar ein dreijähriger Anwärterdienst vorgeschaltet ist (§ 5a BNotO), erfordert die Bestellung zum Anwaltsnotar neben einer fünfjährigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt unter anderem den erfolgreichen Abschluss der notariellen Fachprüfung (§ 5b BNotO). In beiden Notariatsformen ist eine erstmalige Bestellung zum Notar ausgeschlossen, wenn der Bewerber bei Ablauf der Bewerbungsfrist für die Notarstelle das 60. Lebensjahr vollendet hatte (§ 5 (4) BNotO).

Gegen diese Altersgrenze wandte sich eine Rechtsanwältin im Ausgangsverfahren vor dem OLG Köln. Sie war der Auffassung, dass die Altersgrenze für Notare eine unzulässige Diskriminierung von Bewerbern darstelle, da diese ausschließlich aufgrund ihres Alters und unabhängig von ihrer sonstigen Eignung aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen würden. Das OLG Köln legte dem EuGH die Frage nach der Unvereinbarkeit der Altersgrenze für Notare mit dem Unionsrecht vor, insbesondere mit den Reglungen der Richtline 2000/78/EG.

EuGH sah Anwendungsbereich der Richtlinie eröffnet

Der EuGH hat überzeugend festgestellt, dass die Altersgrenze mit dem Unionsrecht vereinbar ist, da die Regelung legitime Ziele der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik verfolge und sie zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele angemessen und erforderlich sei.

Ziele der Altersgrenze sind zum einen die Garantie der kontinuierlichen Ausübung des Notarberufs während eines längeren Zeitraums vor dem Eintritt in den Ruhestand, um eine effektive und unabhängige Rechtspflege zu gewährleisten. Zudem soll ein qualitativ hochwertiges Notariat durch Juristinnen und Juristen gewährleistet sein, die sich nicht erst in ihren letzten Berufsjahren in einem von ihnen zuvor noch nie ausgeübten Beruf einarbeiten müssen. Schließlich soll durch die Altersgrenze der Generationswechsel im Notarberuf erleichtert werden.

Nach Auffassung des EuGH ist der Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG vorliegend zwar eröffnet, da der Zugang zum Notaramt dem Bewerber allein aufgrund seines Alters verwehrt bleibt, wenn er zum Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist das 60. Lebensjahr vollendet hat. Allerdings stellen die vorstehend genannten gesetzgeberischen Motive legitime Ziele im Sinne des Art. 6 (1) der Richtline 2000/78/EG dar, sodass die Regelung des § 5(4) BNotO nicht zu beanstanden war.

Der Gerichtshof betonte, dass die Altersgrenze für die Bestellung des Notars sowohl durch die spezifischen Ausbildungsanforderungen als auch durch die Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor Eintritt in den Ruhestand gerechtfertigt sei. Gleiches gilt für das Ziel, durch die Altersgrenze ein qualitativ hochwertiges Notariat zu gewährleisten.

EuGH: Regelung fördert jüngere Menschen

Schließlich erkannte der EuGH auch das Ziel einer geordneten Altersstruktur als zulässig an und verwies darauf, dass es sich hierbei um ein Ziel handelt, das bereits in Art. 6 (1) Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ausdrücklich genannt wird. Dabei sei insbesondere auch die Förderung des Zugangs jüngerer Menschen zur Ausübung eines Berufs ein legitimes Ziel der Sozial- und Beschäftigungspolitik und geeignet eine etwaige Diskriminierung zu begründen.

Der EuGH bestätigte zudem, dass die Altersgrenze unabhängig von der Notariatsform angemessen und erforderlich sei. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass durch die Regelung der Generationswechsel und die Verjüngung des Berufsstandes effektiv gefördert werden kann.

Bewerbermangel liegt nicht am Alter

Ausdrücklich geht der EuGH auch noch einmal auf die Frage eines zumindest in Teilen des Anwaltsnotariats bestehenden Bewerbermangels ein und betont, dass der Mangel an Bewerbern für das Amt des Anwaltsnotars bereits deshalb nicht auf demografischen Gründen beruhen könne, da es bundesweit für die Stellen des Nur-Notariats einen Bewerberüberschuss gibt.

Damit schließt die Entscheidung des EuGH inhaltlich an die kürzlich ergangene Entscheidung des BGH (Urteil vom 21.8.2023, Az. NotZ(Brfg) 4/22) an, die sich mit der Altersgrenze in § 48a BNotO befasste, wonach das Amt des Notars mit Erreichen des siebzigsten Lebensjahres erlischt (§ 47 BNotO). Der BGH stellte in seiner Entscheidung hinsichtlich des in den vergangenen Jahren stellenweise zu beobachtenden Stellenüberhangs im Anwaltsnotariat darauf ab, dass der technische und organisatorische Aufwand, eine Notarstelle zu errichten und einzurichten, durch die fortschreitende Digitalisierung, verstärkte öffentliche Aufgaben der Notare im Bereich der Geldwäschebekämpfung und der Sanktionsdurchsetzung sowie durch die Professionalisierung des Berufseinstiegs junger Anwaltsnotare in Form der notariellen Fachprüfung gestiegen sei.

BGH: Notariat muss sich für junge Menschen lohnen

Der juristische Nachwuchs treffe eine Entscheidung für den Start ins Anwaltsnotariat nur dann, wenn sich die hierfür nötigen Investitionen in einem planbaren Zeitraum amortisieren. Hierfür sei das Ausscheiden dienstälterer Kollegen aus dem Notarberuf und damit das Freiwerden von Urkundsaufkommen entscheidend.

Diesem differenzierenden Verständnis schließt sich der EuGH, der auf die Altersgrenze in § 48a BNotO in seiner Entscheidung nur kurz eingeht, an und betont in diesem Zusammenhang auch, dass durch die Reglung des § 5 (4) und auch des § 48a BNotO gewährleistet sei, dass der Bewerber für die (erstmalige) Bestellung zum Notar sein Amt noch mindestens zehn Jahre ausüben könne. Durch beide Altersgrenzen werden die legitimen Ziele eines qualitativ hochwertigen Notariats, die kontinuierliche Ausübung des Notariats sowie eine Verjüngung des Berufsstandes erreicht (Urteil vom 17.10.2024 - C-408/23).

Ulf Schönenberg-Wessel ist Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Erbrecht und Sozialrecht. Er ist Senior-Partner der Kanzlei SIEWERT, SCHÖNENBERG-WESSEL & Partner, Kiel sowie Mitherausgeber der „ZErb“ und Mitherausgeberbeirat der Zeitschrift „notar“. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen, u.a.: Schönenberg-Wessel/Plottek/Sikora, BNotO: §§ 19-20, 92-94 (Deutscher Notarverlag); Staudinger, BGB: §§ 2371 – 2385 BGB (Sellier/de Gruyter) Schönenberg-Wessel, Das notarielle Nachlassverzeichnis, 2. Auflage (2025) (C.H.Beck).

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