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Fristsetzung zur Vollmachtsvorlage: Nicht unter zwei Wochen

SG Ulm
Die For­de­rung eines Job­cen­ters ge­gen­über einem Be­voll­mäch­tig­ten, die Voll­macht für den Wi­der­spruch bin­nen drei­zehn Tagen ein­zu­rei­chen, ist in jedem Fall zu kurz. Bevor das Rechts­mit­tel als un­zu­läs­sig zu­rück­ge­wie­sen wird, muss die Be­hör­de dem SG Ulm zu­fol­ge noch eine an­ge­mes­se­ne Zeit lang war­ten.

Eine Familie mit zwei Kindern beantragte Bürgergeld beim Jobcenter. Die Behörde gewährte zunächst vorläufig Leistungen, kam aber später zu dem Schluss, 420 Euro zu viel geleistet zu haben, und forderte dieses Geld zurück. Die Bedarfsgemeinschaft wandte sich an einen Anwalt, der Widerspruch für sie einlegte. Anschließend, die Sommerferien hatten gerade begonnen, forderte das Jobcenter von ihm über beA eine Vollmacht, vorzulegen binnen dreizehn Tagen ab Erstellung des Schreibens. Zwei Tage später wurde die Aufforderung abgesendet, wiederum einen Tag später vom Anwalt gespeichert.

Er reichte keine Vollmacht nach. Punkt zwei Wochen nach Versendung – mithin drei Tage nach Ablauf der gesetzten Frist – erging der Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil keine Vollmacht des Anwalts vorlag. Dagegen erhob die Bedarfsgemeinschaft Klage zum Sozialgericht – mit Erfolg.

Frist war zu kurz bemessen

Das SG Ulm (Urteil vom 24.06.2024 – S 10 AS 1996/23) hält die Klage für begründet, weil die Frist für das nach § 13 Abs. 1 S. 3 SGB X berechtigte Verlangen nach dem Nachweis einer Vollmacht zu kurz angesetzt wurde. Zwar könne man nicht pauschal bestimmen, wie lange die Frist zu bemessen sei, so die Ulmer Richterin, sondern müsse den konkreten Einzelfall betrachten. Die Fristsetzung von 13 Tagen, wobei der Schriftsatz erst drei Tage später zuging, sei in jedem Fall zu kurz gewesen. Zwar habe die Behörde noch drei Tage zugewartet, sei damit aber immer noch unterhalb der 14 Tage geblieben.

Das SG Ulm wies außerdem noch darauf hin, dass das Jobcenter kein elektronisches Empfangsbekenntnis angefordert habe. Damit sei noch nicht einmal der Zugang des Schreibens am Tag der Versendung nachgewiesen. Eine Zugangsfiktion von drei Tagen wie in § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X sei hier nicht anwendbar, weil die Post elektronisch übermittelt worden war. Die Beweislast für den Zugang liege bei der Behörde. Das Gericht wertete das Schreiben am Tag der Speicherung durch den Anwalt als zugegangen.

Weil die Bedarfsgemeinschaft den Widerspruchsbescheid isoliert angefochten hatte, muss das Jobcenter nun erneut über den Widerspruch entscheiden (Urteil vom 24.06.2024 - S 10 AS 1996/23).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

LSG Berlin-Brandenburg, Sozialgerichtsverfahren: Folgen der Nichtvorlage einer Vollmacht im Widerspruchsverfahren, BeckRS 2021, 34725

Bühs, „Namens und in Vollmacht“ – Zur Vollmachtsanforderung nach § 13 Abs. 1 S. 3 SGB X im Widerspruchsverfahren, NZS 2017, 169

LSG Baden-Württemberg, Widerspruch ohne Vollmachtsvorlage – Erfordernis einer Fristsetzung zur Vorlage, NZS 2015, 720

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.10.2013 – L 2 AS 1342/13 BBeckRS 2013, 73404


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