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Baumfällverbot in Streit um Bau einer Flüchtlingsunterkunft wohl rechtswidrig

VG Berlin
Eine im Ei­gen­tum des Lan­des Ber­lin ste­hen­de Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft will für den Neu­bau einer Flücht­lings­un­ter­kunft meh­re­re Bäume fäl­len. Um das zu ver­hin­dern, er­lässt das Be­zirks­amt Pan­kow ein Fäll­ver­bot. Das VG Ber­lin hat jetzt ent­schie­den, dass die­ses Ver­bot vor­aus­sicht­lich rechts­wid­rig ist.

Geplant sind zwischen bereits vorhandener Wohnbebauung zwei Neubauten, die als Unterkünfte für 422 Geflüchtete genutzt werden sollen. Hierfür verfügt die Wohnungsbaugesellschaft sowohl über eine Baugenehmigung als auch über mehrere auf der Grundlage der Baumschutzverordnung des Landes Berlin erteilte Genehmigungen zum Fällen von insgesamt rund 40 Bäumen.

Die Wohnungsbaugesellschaft selbst holte im August 2023 einen sogenannten Artenschutzfachbeitrag ein. Ausweislich eines später auf Veranlassung einer Anwohnerinitiative erstellten Artenschutzgutachtens droht mit der Fällung der Bäume der Verlust von Brutrevieren zahlreicher Vögel. Im Oktober untersagte das Bezirksamt daraufhin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung "bis auf Weiteres", Bäume und Sträucher ohne eine artenschutzrechtliche Ausnahme und/oder Befreiung zu beseitigen.

Ermessensfehler bei Anwendung der einschlägigen Vorschriften

Der hiergegen gerichtete Eilantrag hatte vor dem VG Berlin Erfolg (Beschluss vom 09.01.2024 – VG 24 L 305/23). Der angefochtene Bescheid sei nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig. Zwar dürfe die zuständige Behörde nach dem Bundesnaturschutzgesetz die zur Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Die Anwendung der Bestimmung durch das Bezirksamt sei hier aber ermessensfehlerhaft gewesen. Es sei schon nicht erkennbar, dass sich die Behörde über das ihr zustehende Ermessen im Klaren gewesen sei, so das Gericht.

Ungeachtet dessen habe sie den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt. Sie habe diesen angesichts der teilweise widersprechenden Aussagen in dem Artenschutzbeitrag einerseits und dem von Anwohnern initiierten Gutachten andererseits selbst weiter aufklären müssen.

Bezirksamt Pankow erlässt erneut sofort vollziehbares Fällverbot

Schließlich stelle sich die Untersagung als unverhältnismäßig dar – selbst wenn diese der Aufklärung des Sachverhalts habe dienen sollen. Denn die Behörde habe die geplanten Fällungen auf unbestimmte Dauer untersagt und damit eine denkbar weitreichende Maßnahme gewählt, ohne weiter darzulegen, welche konkreten Maßnahmen zur Aufklärung und Bewertung des Sachverhalts sie zu ergreifen gedenke und wieviel Zeit sie hierfür benötige.

Dies werde dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gerecht. Das geplante Bauvorhaben werde durch eine unbefristete Untersagung der – bereits genehmigten – Fällungen auf unbestimmte Zeit verzögert beziehungsweise möglicherweise gänzlich vereitelt, ohne dass das Bezirksamt konkret dargelegt hätte, welche konkreten Auswirkungen durch die geplanten Gehölzbeseitigungen für welche konkreten Arten überhaupt zu erwarten wären.

Das Bezirksamt Pankow hat am Mittwoch erneut ein sofort vollziehbares Fällverbot gegenüber der Antragstellerin erlassen, wogegen diese sich in einem weiteren Eilverfahren (VG 24 L 6/24) wendet (Beschl. v. 09.01.2024 - 24 L 305/23).

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

VGH Kassel, Keine Antragsbefugnis einer Naturschutzvereinigung zur Bewirkung eines Baumfällverbots, NVwZ 2022, 1477

VG Berlin, Naturschutzverein kann Fällen von Bäumen in Vegetationsperiode nicht stoppen, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 11.07.2013, becklink 1027538


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