Der Verein "Mehr Demokratie" hat beim BVerfG eine Klage gegen die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition eingelegt. Dahinter stünden 4.242 Bürgerinnen und Bürger, teilte der Verein am Freitag in Berlin mit. Die Klage richtet sich gegen die Verschärfung der Fünf-Prozent-Klausel bei Bundestagswahlen.
Ab sofort können erfolgreiche Direktkandidatinnen und -kandidaten nur in den Bundestag einziehen, wenn ihre Partei die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hat. Die sogenannte Grundmandatsklausel wurde abgeschafft. Nach ihr kam eine Partei bislang auch dann in der Höhe ihres Zweitstimmen-Ergebnisses in den Bundestag, wenn sie zwar unter der Fünf-Prozent-Hürde blieb, aber mindestens drei Direktmandate gewann. Dies betraf bei der Bundestagswahl 2021 die Linke. Sollte die nur in Bayern antretende CSU bei einer der nächsten Wahlen die bundesweite Fünf-Prozent-Hürde reißen, verfielen alle ihre Direktmandate, die sie regelmäßig in fast allen Wahlkreisen holt.
"Diese harte Sperrklausel könnte CSU und Die Linke die parlamentarische Existenz kosten. Millionen von Wählerstimmen würden entwertet", warnte Ralf-Uwe Beck, der Bundesvorstandssprecher von "Mehr Demokratie". Die Zahl der Stimmen, die wegen der Fünf-Prozent-Hürde unter den Tisch fallen, könnte sich von vier Millionen bei der Bundestagswahl 2021 auf künftig acht Millionen verdoppeln. Das kollidiere noch mehr als bisher schon mit dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl und der Chancengleichheit der Parteien.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Freistaat Bayern und CSU reichen Klage gegen Wahlrechtsreform ein, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 14.06.2023, becklink 2027362
Groß, Die Fünf-Prozent-Klausel – Das Hauptproblem der Wahlrechtsreform, NVwZ 2023, 1282
Hettlage, Gutachten zur Reform des Wahlrechts, NJOZ 2023, 608
Michl, Gefangen im System? Zur verfassungsrechtlichen Kritik an der Wahlrechtsreform der Ampelkoalition, ZRP 2023, 93