Den Beitrag hatte die politische Initiative auf ihrer Website unter dem Titel "Wie Profite aus dem Geschäft mit russischen Erdölprodukten in Potsdam angelegt werden" veröffentlicht. Das einstweilige Verbot mehrerer Äußerungen darin erließ das Landgericht Potsdam wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde monierte die Initiative, das LG habe entschieden, ohne eine von ihr im zentralen Schutzschriftenregister hinterlegte Schutzschrift zur Kenntnis zu nehmen. Sie sah dadurch ihr Recht auf prozessuale Waffengleichheit verletzt. Das LG habe ihre prozessualen Rechte bewusst umgangen. Zeitgleich legte sie beim LG Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein.
Bewusstes und systematisches Übergehen prozessualer Rechte nicht dargelegt
Laut BVerfG ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Die Initiative habe den Rechtsweg vor den Fachgerichten nicht ausgeschöpft. Zwar könne ausnahmsweise unmittelbar gegen eine einstweilige Verfügung selbst Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Die Voraussetzungen dafür lägen aber nicht vor.
Zwar hätte die hinterlegte Schutzschrift berücksichtigt werden müssen. Ihre Außerachtlassung verletze das Recht der Initiative auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG. Allerdings sei ein solcher einzelner Verfahrensfehler regelmäßig nicht geeignet, ein bewusstes und systematisches Übergehen prozessualer Rechte von Verfahrensbeteiligten darzutun. Es verbleibe daher bei der vorrangigen Zuständigkeit der Fachgerichte (Beschl. v. 25.08.2023 - 1 BvR 1612/23).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
BVerfG, Prozessuale Waffengleichheit bei einstweiliger Verfügung – Schutzschrift, NJW 2023, 2475
Mantz, Rechtsbehelf bei Verstößen gegen das Recht der Waffengleichheit, MMR 2023, 61
Der Kampf um die Waffengleichheit in Eilverfahren, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 24.2.2021, becklink 2018988
Mantz, Konkretisierung des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit durch das BVerfG, NJW 2020, 2007
Mantz, Das Recht auf Waffengleichheit und die Praxis im Verfahren der einstweiligen Verfügung, NJW 2019, 953
BVerfG, Gegen presserechtliche Unterlassungsanordnungen ausnahmsweise unmittelbar Verfassungsbeschwerde möglich, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 25.7.2017, becklink 2007367