Grundstückeigentümerinnen in Milieuschutzgebieten in Friedrichshain-Kreuzberg und in Pankow sind weiterhin an die Vereinbarungen gebunden, die sie mit den Bezirken geschlossen haben, um das bezirkliche Vorkaufsrecht abzuwenden. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Dass die Bezirke das Vorkaufsrecht laut Bundesverwaltungsgericht nicht hätten ausüben dürfen, entziehe den Vereinbarungen nicht nachträglich die Geschäftsgrundlage.
Klägerinnen schlossen Abwendungsvereinbarungen mit den Bezirken
Die Klägerinnen erwarben in den vergangenen Jahren verschiedene, mit größeren Wohnhäusern bebaute Grundstücke in den Berliner Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Pankow. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich von Verordnungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (sogenannte Milieuschutzgebiete). Um das von den Bezirken geltend gemachte Vorkaufsrecht abzuwenden, schlossen die Klägerinnen jeweils mit den Bezirken Vereinbarungen, wonach die Bezirke auf die Ausübung des bezirklichen Vorkaufsrechts verzichten und die Erwerberinnen sich verpflichten, für einen bestimmten Zeitraum auf die Begründung von Wohneigentum und auf Veränderungen auf ihrem Kaufgrundstück zu verzichten.
BVerwG: Bezirke hätten Vorkaufsrecht nicht ausüben dürfen
Nach Abschluss dieser Abwendungsvereinbarungen entschied im November 2021 das BVerwG letztinstanzlich, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Bezirke in den Milieuschutzgebieten ausgeschlossen gewesen wäre. Unter Berufung auf dieses Urteil klagten die Klägerinnen vor dem VG Berlin und machten geltend, dass sie an die Abwendungsvereinbarungen mit den Bezirken nicht mehr gebunden seien. Aus dem Urteil folge, dass die Bezirke sich eine unzulässige Gegenleistung hätten versprechen lassen.
VG: Klägerinnen dennoch weiter an Vereinbarungen gebunden
Das VG ist dieser Ansicht nicht gefolgt. Die Beteiligten seien sich im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen übereinstimmend bewusst darüber gewesen, dass die rechtlichen Grenzen des bezirklichen Vorkaufsrechts und die Voraussetzungen für dessen Abwendung höchstrichterlich noch nicht geklärt gewesen seien. Die Vereinbarungen seien geschlossen worden, um durch einen umfassenden Vergleich Rechtssicherheit zu schaffen. Im Gegenzug für die jeweils übernommenen Verpflichtungen der Klägerinnen hätten die Bezirke auf die Geltendmachung des Vorkaufsrechts verzichtet und dadurch einen schnellen Vollzug der Kaufverträge ermöglicht. Durch das Urteil des BVerwG sei nicht nachträglich die Geschäftsgrundlage für die Abwendungsvereinbarungen entfallen (Urt. v. 09.05.2023 - 13 K 25/22).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
- BVerwG, Erfolgreiche Revision im Verfahren gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts und die Ablehnung eines Negativzeugnisses im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung, BeckRS 2021, 37421