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EU-Kommission will Ländern mehr Spielraum beim Schuldenabbau geben

Redaktion beck-aktuell (dpa)
Hoch ver­schul­de­te eu­ro­päi­sche Län­der sol­len nach Vor­stel­lung der EU-Kom­mis­si­on mehr Fle­xi­bi­li­tät für den Abbau re­gel­wid­ri­ger Schul­den be­kom­men. Statt ein­heit­li­cher Vor­ga­ben setzt die Be­hör­de mit ihrem Re­form­vor­schlag auf in­di­vi­du­el­le Wege für jedes Land, um Schul­den und De­fi­zi­te lang­fris­tig zu sen­ken. Kri­ti­ker hal­ten die Schul­den­re­geln für kom­pli­ziert und streng. Ob sie für die Bun­des­re­gie­rung ak­zep­ta­bel sind, ist noch un­klar.

Keine einheitlichen Vorgaben für Erreichen des 60-Prozent-Ziels

Die Regeln schreiben den EU-Staaten Obergrenzen vor. Die Ziele des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspaktes, Schulden bei maximal 60% der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Haushaltsdefizite unter 3% zu halten, bleiben dem Vorschlag zufolge bestehen. Allerdings soll es vor allem für das Erreichen des 60-Prozent-Ziels keine einheitlichen Vorgaben mehr geben: Individuelle Pläne sollen Ländern mit übermäßiger Verschuldung mehr Zeit und Flexibilität einräumen. Auch soll die Überwachung der Umsetzung vereinfacht werden. Verstöße sollen leichter geahndet werden können. "Wir brauchen finanzpolitische Regeln, die den Herausforderungen dieses Jahrzehnts gerecht werden", so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Mehr Zeit zur Erreichung des Defizitziels für hochverschuldete Länder

Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sagte: "Wir leben in einer sehr anderen Welt als vor 30 Jahren. Andere Herausforderungen, andere Prioritäten". Die neuen Regeln müssten diese Veränderungen widerspiegeln. "Die EU steht auch vor einem massiven Reform- und Investitionsbedarf für den grünen und digitalen Wandel, zur Stärkung unserer sozialen und wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und zur Sicherung der langfristigen Energieversorgung." Die hoch verschuldeten Länder hätten nach dem Vorschlag mehr Zeit, um das Defizitziel zu erreichen und ihre Schulden zu senken. Solange das Defizit über 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt, muss dem Gesetzesvorschlag zufolge der "korrigierte Nettoausgabenpfad" der Länder jährlich um mindestens 0,5% des BIP angepasst werden. Nach Angaben einer Kommissionssprecherin geht es um den strukturellen Saldo mit Ausnahme befristeter Maßnahmen. Bei diesen könnte es sich etwa um Corona-Hilfen oder Ausgaben für den Klimaschutz handeln. Als Saldo wird der Differenzbetrag zwischen der Ausgaben- und Einnahmenseite bezeichnet.

Deutschland hatte höhere Senkungsquote gefordert

Deutschland hatte in der monatelangen Debatte über die neuen Regeln Mindestvorgaben gefordert. Allerdings sollten nach Vorstellung des Finanzministeriums Länder mit hohen Schuldenquoten diese um mindestens einen Prozentpunkt jährlich senken müssen. Bei Ländern mit mittleren Schuldenquoten soll es ein halber Prozentpunkt sein. Die Positionen zur den Schuldenregeln sind in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die Regeln vorübergehend ausgesetzt. Sie sollen ab 2024 wieder gelten. Bislang müssen Staaten normalerweise 5% der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke liegen, im Jahr zurückzahlen. Für hoch verschuldete Länder wie Italien oder Griechenland wäre das für das Wachstum verheerend. Auch vor der Pandemie wurde das Regelwerk oft missachtet - auch von Deutschland. Nun müssen die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament über die vorgeschlagenen Reformen verhandeln.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

  • Kube/Schorkopf, Strukturveränderung der Wirtschafts- und Währungsunion, NJW 2021, 1650

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