Prüfungstag 4 - Strafrecht
JuS 2018, 622
Sachverhalt
Der in Mannheim lebende A benutzt auf Grund chronischen Parkplatzmangels in seiner Straße zum Abstellen seines Pkw oft den Bürgersteig vor der Garage des Frührentners J. Mehrfach kommt es deshalb zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen A und J. A kann die Wut des J nicht nachvollziehen und äußert eines Abends gegenüber seiner Freundin, J sei ein „alter Mann“, der ohnehin nicht mehr wisse, „wo man das Gaspedal finde“. Am Tag darauf trifft A die Nachbarin des J auf der Straße und erzählt ihr aufgebracht, J betrüge seit einigen Wochen seine Frau und sei ein „geiler Bock“. Von der Affäre wisse er, weil J jetzt beinahe jeden Tag mit seinem Auto nach Heidelberg fahre, wenn seine Frau nicht zu Hause sei. A glaubt tatsächlich, dies sei der Grund für die Wutausbrüche des J, wenn er (A) vor seiner Garage parkt. Ob J eine Affäre hat oder hatte, kann später aber nicht mehr geklärt werden.
Als A an einem Freitagnachmittag wieder so parkt, dass sein Fahrzeug zwar etwas in die Garagenausfahrt des J hineinragt, die Ein- und Ausfahrt jedoch nicht behindert, eskaliert die Situation: J, der aus seinem Haus gestürmt kommt, als er den Pkw des A entdeckt, schreit ihn an, er solle sofort sein Auto wegfahren, sonst werde er ihm „eine reinhauen“. A dreht sich, davon scheinbar unbeeindruckt, zu seinem Fahrzeug um, um aus seinem Kofferraum einen Drehmomentschlüssel, ein 60 cm langes, für den Reifenwechsel übliches Schraubwerkzeug, zu holen. J glaubt, der Streit sei beendet und dreht sich ebenfalls um. A sieht nun eine gute Gelegenheit zum Angriff auf den lang verhassten Nachbarn; er weiß aber nicht, dass J über langjährige Kampfsporterfahrung verfügt. Als A zum Schlag auf dessen Kopf ausholt, dreht sich J blitzschnell um und wehrt den Schlag ab, so dass er nur am Arm getroffen wird. J kann A, nach erneuten vergeblichen Versuchen des A mit dem Drehmomentschlüssel auf ihn einzuschlagen, zu Boden ringen. Daraufhin lässt der unverletzte A von J ab.
A empfindet den Ausgang des Kampfes mit J aber als große Schmach und sinnt auf Rache. Dafür kundschaftet er die Gewohnheiten des J aus und beobachtet, dass dieser am Sonntagmorgen bei einem Bäcker in der Nähe seiner Wohnung Brötchen zu kaufen pflegt. Dabei trägt J meist eine Baseballmütze. Als A seinen Freunden H und S davon berichtet, entsteht der gemeinsame Plan, J auf seinem Weg zum Bäcker abzufangen, wo H und S ihn mit Schlagwerkzeugen niederschlagen sollen. H und S, die nicht wissen, dass J Kampfsportler ist, nehmen auch einen tödlichen Ausgang des Geschehens billigend in Kauf. A geht davon aus, dass J schwer verletzt werden könnte, dass aber H und S die Schlagwerkzeuge benötigen, um der Stärke des Kampfsportlers J gewachsen zu sein. A soll sich im Übrigen an dem Tatgeschehen nicht direkt beteiligen, damit J ihn nicht erkennt, sondern im Fluchtfahrzeug warten. B hat sich von A überreden lassen, das Fluchtfahrzeug zu fahren. Er ist grundsätzlich gegen Gewalt, will aber seinen Freund A nicht enttäuschen. Zudem geht er davon aus, dass A, H und S dem J lediglich eine „kleine Abreibung“ verpassen wollen und dieser keine schweren Verletzungen erleiden wird; davon, dass Schlagwerkzeuge eingesetzt werden sollen, weiß B nichts.
Am nächsten Sonntagmorgen treffen sich A, B, H und S am verabredeten Tatort. A steigt zu B in das Fahrzeug und dirigiert ihn zu einem Ort, von dem aus er den Eingang des Hauses, in dem J lebt, gut beobachten kann. H und S warten an einer für A und B nicht einsehbaren Straßenecke in der Nähe der Bäckerei. Um 8.27 Uhr verlässt der unter Panikstörungen und einer Erschöpfungsdepression leidende Rentner O das Wohnhaus, in dem auch J wohnt. Er will ebenfalls in der nahegelegenen Bäckerei einkaufen und trägt eine Baseballmütze. A verwechselt ihn auf Grund des Alters und der Baseballmütze mit J und teilt S über sein Mobiltelefon mit, dass es jetzt losgehe. H und S, die J nicht kennen, denken, der sich nähernde O sei J. O, der S und H schon von weitem gesehen, sich aber nichts dabei gedacht hat, wird plötzlich von S zu Boden gestoßen. S und H schlagen mehrere Male mit Schlagwerkzeugen kräftig auf den Kopf des O ein und treten ihn. O erleidet schwere Verletzungen am Kopf und zahlreiche Knochenbrüche. Als sich eine größere Gruppe von Passanten nähert und auf das Geschehen aufmerksam wird, sehen H und S sich gezwungen, den Angriff zu beenden. Sie flüchten mit A und B, die von dem Fluchtfahrzeug aus das Geschehen nicht beobachten konnten. O kann durch eine Notoperation gerettet werden.
Nachdem B mit dem Fluchtfahrzeug zunächst H und S nach Hause gefahren hat, übernimmt A die Fahrerposition. Auf ihrem Rückweg treffen A und B auf den Radkurierfahrer F, der mal wieder in Eile ist. F überholt deshalb mit seinem Fahrrad an einer Kreuzung das dort gerade anfahrende Fahrzeug von A und B und biegt so knapp vor dem Auto rechts ab, dass A, der ebenfalls rechts abbiegen will, stark abbremsen muss, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. A und B wollen den F daraufhin „vom Rad holen“, damit ihm sein „unverschämtes Fahrmanöver leid tut“. Auf den Einfall des B hin beschleunigt A stark, überholt F und lenkt schräg nach rechts, um diesem den Weg abzuschneiden. Gleichzeitig öffnet B die Beifahrertür. F, der gerade noch vor der sich plötzlich öffnenden Tür ausweichen kann, prallt gegen die Rückseite eines am Straßenrand geparkten Pkw. Er stürzt vom Fahrrad und zieht sich – wobei er von Glück reden kann, da er mal wieder ohne Helm unterwegs war – schwere Verletzungen an der Schulter zu. Das Fahrrad ist stark beschädigt und muss für 250 Euro repariert werden. Auch an dem geparkten Pkw entsteht ein Sachschaden iHv 330 Euro. A und B, die den F stürzen sehen, fahren schnell davon.
Wie haben sich die Beteiligten nach dem StGB strafbar gemacht?
Bearbeiterhinweis: Die §§ 303, 142 sind nicht zu prüfen. Eine Strafbarkeit des F ist ebenfalls nicht zu prüfen. Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.