JuS-Kontrollfragen zu Becker/Rönnau, JuS 2022, 491
Grundwissen - Strafrecht: Der Verbotsirrtum (§ 17 StGB)
JuS gelesen? Prima! Auch verstanden? Hervorragend! Und gemerkt? Exzellent!
Überprüfen Sie hier anhand einiger Fragen, wie sattelfest Sie jetzt sind. Viel Spaß!
Frage 1
Wie verorten Vorsatztheorie einerseits und Schuldtheorie andererseits das Unrechtsbewusstsein innerhalb des Aufbaus der Straftat und wie wirkt sich die unterschiedliche Einordnung auf die Rechtsfolge eines fehlenden Unrechtsbewusstseins aus?
Antwort: Nach der Vorsatztheorie ist das (aktuelle) Unrechtsbewusstsein Teil des Vorsatzes, während es nach der Schuldtheorie ein selbstständiges Element der Schuld ist. Auf der Basis der Vorsatztheorie führt fehlendes Unrechtsbewusstsein daher zum Vorsatzausschluss, während nach der Schuldtheorie lediglich ein Ausschluss der Schuld in Betracht kommt.
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter II 1).
Frage 2
Wie unterscheiden sich Verbots- und Tatbestandsirrtum insbesondere in Bezug auf Strafvorschriften, die normative Tatbestandsmerkmale enthalten?
Antwort: Grundsätzlich liegt beim Tatbestandsirrtum eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände vor, während es sich beim Verbotsirrtum um eine fehlerhafte rechtliche Bewertung eines zutreffend erkannten Sachverhaltes handelt. Bei normativen Tatbestandsmerkmalen erfordert jedoch bereits der Vorsatz ein wertendes Element, weil der Täter die Bedeutung des Tatbestandsmerkmals (wertend) nachvollziehen muss. Fehlt es daran, handelt es sich um einen vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum. Erkennt der Täter demgegenüber die Bedeutung aller normativen Tatbestandsmerkmale zutreffend, wertet sein Verhalten aber gleichwohl als nicht verboten, liegt ein Verbotsirrtum vor.
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter II 2).
Frage 3
Genügt für das Unrechtsbewusstsein die Vorstellung, gegen Normen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts zu verstoßen?
Antwort: Nach der hM soll es für das Unrechtsbewusstsein ausreichen, dass der Täter annimmt, sein Verhalten verstoße gegen Normen des öffentlichen Rechts oder des Zivilrechts. Eine im Schrifttum im Vordringen begriffene Ansicht fordert demgegenüber zumindest das Bewusstsein, gegen eine sanktionsbewehrte Norm zu verstoßen (zB eine Vorschrift des Ordnungswidrigkeitenrechts).
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter III 1).
Frage 4
Kommt ein Verbotsirrtum in Betracht, wenn der Täter das Unrecht seiner Tat zwar für möglich hält, aber zugleich Zweifel an dieser Bewertung hat?
Antwort: Nach der hM genügt es für ein den Verbotsirrtum ausschließendes Unrechtsbewusstsein grundsätzlich, dass der Täter das Unrecht seines Verhaltens für möglich hält (sog. "bedingtes Unrechtsbewusstsein"). Dagegen wende sich eine verbreitete Ansicht unter anderem mit dem Argument, dass so der skrupellose und gleichgültige Täter, der sich über das Unrecht seines Tuns überhaupt keine Gedanken macht, bevorzugt werde. Die Vertreter dieser Auffassung wollen entweder den Anwendungsbereich von § 17 StGB erweitern oder den zweifelnden Täter über die Kategorie der Unzumutbarkeit entlasten.
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter III 1 b).
Frage 5
Was versteht man unter "potenziellem Unrechtsbewusstsein"?
Antwort: § 17 S. 2 StGB sieht bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum lediglich eine Strafmilderung vor, jedoch keinen vollständigen Ausschluss der Schuld. Damit kommt eine Strafbarkeit wegen einer schuldhaft begangenen Tat auch in Betracht, wenn der Täter zwar kein aktuelles Unrechtsbewusstsein hatte, dieses jedoch hätte erlangen können. In diesem Sinne ist sog. "potenzielles Unrechtsbewusstsein" ausreichend zur Begründung schuldhaften Handelns.
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter III 1 c).
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