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JuS-Kontrollfragen zu Ludwigs/Pascher, JuS 2022, 409

Die Europäisierung des Verwaltungsrechts in der Fallbearbeitung (Teil 1)

JuS gelesen? Prima! Auch verstanden? Hervorragend! Und gemerkt? Exzellent! 

Überprüfen Sie hier anhand einiger Fragen, wie sattelfest Sie jetzt sind. Viel Spaß!

Frage 1

Welche zentralen Strukturprinzipien prägen die Europäisierung des nationalen Verwaltungsrechts? Skizzieren Sie jeweils knapp den Inhalt der Prinzipien.

Antwort: Die Europäisierung des Verwaltungsrechts wird durch das Äquivalenz- (1) und das Effektivitätsprinzip (2) forciert. Das Äquivalenzprinzip besagt, dass der Vollzug des Unionsrechts nicht ungünstiger ausgestaltet sein darf als die Durchführung rein nationalen Rechts. Dem Effektivitätsprinzip zufolge darf der mitgliedstaatliche Vollzug die Ausübung europäischer Rechtspositionen nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Als Gegenpol steht diesen Grundsätzen die mitgliedstaatliche Verfahrensautonomie (3) gegenüber. Danach ist jede Abweichung vom innerstaatlichen Verwaltungsrecht auch aus der Sicht der EU rechtfertigungsbedürftig. Das Ergebnis einer Austarierung zwischen Äquivalenz- und Effektivitätsprinzip auf der einen Seite und mitgliedstaatlicher Verfahrensautonomie auf der anderen Seite ist mittels einer unionsrechtskonformen Auslegung (4) ins nationale Recht zu transportieren.   

Lesen Sie weiter im Beitrag (unter B).

Frage 2

Wie muss sich ein Beamter verhalten, wenn er mit einem deutschen Gesetz befasst ist und zu erkennen glaubt, dieses verstoße gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht?

Antwort: Nach der EuGH-Entscheidung Fratelli Costanzo muss ein solches Gesetz generell unangewendet bleiben. Denn das Unionsrecht genießt Anwendungsvorrang und bindet jede staatliche Stelle, also nicht nur Gerichte bei der Kontrolle einer Verwaltungsentscheidung, sondern bereits die Behörde selbst. Um diese unmittelbare Anwendbarkeit in ihrer Wirkweise nicht zu schmälern, gilt eine generelle Nichtanwendungspflicht, die sich nicht auf Evidenzfälle beschränkt.

Lesen Sie weiter im Beitrag (unter C I 2 b).

Frage 3

Unter welchen Voraussetzungen verlangt das Unionsrecht, dass Bürgern ein Schadensersatzanspruch gegen die Mitgliedstaaten wegen Verstößen gegen das Europarecht eingeräumt wird?

Antwort: Im Francovich-Urteil (1991) und der konkretisierenden Folgejudikatur stellt der EuGH hierzu drei Voraussetzungen auf: Die verletzte Bestimmung des Unionsrechts muss darauf zielen, Individualrechte zu verleihen (1), es muss ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Europarecht vorliegen (2) und die Rechtsverletzung muss kausal zum entstandenen Schaden geführt haben (3). Auf dieser Grundlage wird Fehlverhalten aller drei Staatsgewalten sanktioniert, ohne dass es auf den Nachweis eines Verschuldens ankommen würde.
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter C II 2).

Frage 4

Wer trägt im Rahmen des § 46 VwVfG die Beweislast dafür, dass die Verletzung einer Verfahrensvorschrift die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (Kausalitätskriterium)?

Antwort: § 46 VwVfG ist Ausdruck des hergebrachten deutschen Verständnisses, wonach dem Verwaltungsverfahren lediglich eine „dienende Funktion“ als Hilfsmittel auf der Suche nach einer zutreffenden Sachentscheidung zukommt. Vor diesem Hintergrund neigte das BVerwG dazu, die materielle Beweislast für das Kausalitätskriterium dem Kl. aufzuerlegen. Der verwaltungsgerichtliche Untersuchungsgrundsatz nach § 86 I 1 VwGO blieb dadurch zwar unberührt. Ließ sich die Kausalitätsfrage aber gerichtlich nicht aufklären, ging das zulasten des Kl. In seiner Altrip-Entscheidung hat der EuGH jedoch klargestellt, dass die Behörde das Risiko einer Unerweislichkeit der Kausalitätsfrage trägt. Wenn unsicher ist, ob sich ein Verfahrensfehler auf die Sachentscheidung ausgewirkt hat, muss der VA auch nach Maßgabe des unionsrechtskonform ausgelegten § 46 VwVfG aufgehoben werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der mit der Verfahrensvorschrift umgesetzte Unionsrechtsakt auf einen erleichterten Gerichtszugang zielt.
Lesen Sie weiter im Beitrag (unter C III).

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