JuS-Kontrollfragen zu Murmann, JuS 2021, 385
Der fehlgeschlagene Versuch
JuS gelesen? Prima! Auch verstanden? Hervorragend! Und gemerkt? Exzellent!
Überprüfen Sie hier anhand einiger Fragen, wie sattelfest Sie jetzt sind. Viel Spaß!
Frage 1
Inwiefern besteht ein Zusammenhang zwischen der ratio der Strafbefreiung beim Rücktritt und den Straftheorien?
Antwort: Die hM vertritt zur Begründung der Strafbefreiung beim Rücktritt die sog. Strafzwecktheorie. Danach wirke der Rücktritt strafbefreiend, weil er die gleichen Zwecke wie eine Bestrafung erfülle. Je nach vertretener Straftheorie muss der Rücktritt also Schuldausgleich bewirken oder spezial- bzw. generalpräventive Wirkungen entfalten.
Lesen Sie weiter im Beitrag unter II.
Frage 2
Begründet der Rücktrittsausschluss wegen fehlgeschlagenen Versuchs einen Verstoß gegen Art. 103 II GG?
Antwort: Ein Verstoß gegen das Analogieverbot läge vor, wenn durch den Ausschluss der Rücktrittsmöglichkeit beim Fehlschlag eine Strafbarkeit ohne gesetzliche Grundlage begründet würde. Der fehlgeschlagene Versuch ist zwar nicht in § 24 StGB erwähnt. Er ist aber in den Rücktrittshandlungen des "Aufgebens" und "Verhinderns" verankert, weil beide nur in Betracht kommen, wenn aus Tätersicht noch die Möglichkeit der Tatvollendung besteht.
Lesen Sie weiter im Beitrag unter III.
Frage 3
Warum und unter welchen Voraussetzungen kann ein Nichtweiterhandeln auch dann noch als Rücktritt vom unbeendeten Versuch strafbefreiend wirken, wenn der Täter bereits eine Ausführungshandlung vorgenommen hat, die zu seiner Überraschung den tatbestandsmäßigen Erfolg nicht herbeigeführt hat?
Antwort: Die Einzelakttheorie würde in diesem Fall einen Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht zulassen, weil sich der Täter mit der Vornahme einer aus seiner Sicht irreversiblen Ausführungshandlung abschließend gegen das Recht entschieden hat.
Nach der überwiegend vertretenen Gesamtbetrachtungslehre kann der Täter noch zurücktreten, wenn er nach der gescheiterten Ausführungshandlung noch Möglichkeiten sieht (oder sich zumindest vorstellt), wie er den Erfolg in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang herbeiführen kann. Dahinter steht die Überlegung, dass die Erfüllung der Pflicht, von weiteren Ausführungshandlungen Abstand zu nehmen, praktisch nicht zu erwarten ist, wenn sich der Täter mit der Tatausführung bereits so weit vorgewagt hat. Ein erwartungswidriges Aufhören lässt sich deshalb als Distanzierung von dem bereits verwirklichten Versuchsunrecht interpretieren.
Lesen Sie weiter im Beitrag unter IV.
Frage 4
Kann ein fehlgeschlagener Versuch auch dann vorliegen, wenn sich der Täter noch in der Lage sieht, den Erfolg herbeizuführen?
Antwort: Ein fehlgeschlagener Versuch trotz der Möglichkeit der Tatvollendung wird für unterschiedliche Konstellationen diskutiert. Zu nennen ist insbesondere der Fall der Sinnlosigkeit der Tatvollendung, weil der Täter nach Eintritt in das Versuchsstadium Umstände erkennt, aufgrund deren er jegliches Interesse an der Tatvollendung verliert. So liegt es etwa, wenn er erst im letzten Moment bemerkt, dass er hinsichtlich des ausersehenen Tatopfers einem error in persona erlegen ist (s. VI).
Auch hinsichtlich der Fälle der außertatbestandlichen Zielerreichung wird teilweise ein fehlgeschlagener Versuch angenommen, obwohl der Täter noch die Möglichkeit hätte, den Taterfolg herbeizuführen. So liegt es etwa, im "Denkzettel-Fall", in dem der Täter noch die Möglichkeit sieht, das Opfer zu töten, nachdem er ihm erfolgreich den Denkzettel verpasst hat. Auch hier hat die weitere Tatausführung für ihn ihren Sinn verloren (s. VII)
Auch wenn das außertatbestandliche Handlungsziel für den Täter nicht mehr erreichbar ist, muss das nicht der Möglichkeit entgegenstehen, noch den Tatbestand zu verwirklichen (s. VIII).
Lesen Sie weiter im Beitrag unter VI, VII, VIII.
Frage 5
Weshalb schließt nach der Rechtsprechung das Erreichen eines außertatbestandlichen Handlungsziels den Rücktritt nicht aus?
Antwort: Das in § 24 I 1 StGB geforderte "Aufgeben" beziehe sich allein auf die Tat im materiell-rechtlichen Sinn. "Auf weitergehende, außertatbestandsmäßige Beweggründe, Absichten oder Ziele stellen weder der die Strafbarkeit des Versuchs begründende § 22 noch der spiegelbildlich dazu Strafbefreiung durch Rücktritt ermöglichende § 24 StGB ab." (BGHSt 39, 221 (230) = NJW 1993, 2061).
Lesen Sie weiter im Beitrag unter VII.
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