JuS-Kontrollfragen zu Sachs, JuS 2020, 1230, und JuS 2020, 994
Staatsorganisationsrecht: Geschlechterparität bei Landtagswahlen (zu VerfG Bbg, Urt. v. 23.10.2020 - VfGBbg 55/19, BeckRS 2020, 27735)
und
Verfassungsrecht: Verfassungswidrigkeit eines Paritätsgesetzes für Landtagswahlen (zu ThürVerfGH, Urt. v. 15.7.2020 - VerfGH 2/20, NVwZ 2020, 1266 mAnm Danker, NVwZ 2020, 1250)
JuS gelesen? Prima! Auch verstanden? Hervorragend! Und gemerkt? Exzellent!
Überprüfen Sie hier anhand einiger Fragen, wie sattelfest Sie jetzt sind. Viel Spaß!
Frage 1
Welche Verfassungsrechtssätze werden durch ein Paritätsgesetz beeinträchtigt?
Antwort: Der
ThürVerfGH sieht das Recht der Bürger auf freie und gleiche Wahlen, zudem Betätigungs- und Programmfreiheit sowie Chancengleichheit der politischen Parteien beeinträchtigt; das
VerfG Bbg konnte sich in dem referierten Urteil auf die passive Wahlrechtsgleichheit und das Verbot von Unterscheidungen wegen des Geschlechts beschränken.
Lesen Sie weiter im Beitrag VerfG Bbg: Leitsätze 3, 7 und unter I 2 und II 1-2.
Lesen Sie weiter im Beitrag ThürVerfGH: Leitsatz 2 und unter I.
Frage 2
Können solche Beeinträchtigungen durch die Ermächtigung, das Nähere zum Wahlrecht zu regeln, gerechtfertigt werden?
Antwort: Die Ermächtigung zur gesetzlichen Regelung des Näheren zieht der ThürVerfGH als Rechtfertigung gar nicht erst in Betracht, das VerfG Bbg hält sie nur - verglichen mit einer klaren Differenzierungsermächtigung wie in Art. 137 I GG - für zu allgemein gehalten.
Lesen Sie weiter im Beitrag VerfG Bbg: unter II 1 b.
Lesen Sie weiter im Beitrag ThürVerfGH: Leitsatz 3 und unter II.
Frage 3
Welche Rechtfertigung kommt mangels eines Einschränkungsvorbehalts der Verfassung in Betracht?
Antwort: Entsprechend der allgemeinen Grundrechtsbegrenzungsdogmatik ist an kollidierendes Verfassungsrecht zu denken, auf das das VerfG Bbg ausdrücklich zurückgreift; der ThürVerfGH verlangt in der Sache gleichbedeutend mit der Rechtsprechung des BVerfG einen "zwingenden Grund" für Durchbrechungen der Wahlrechtsgleichheit.
Lesen Sie weiter im Beitrag VerfG Bbg: unter II 1 b Abs. 4.
Lesen Sie weiter im Beitrag ThürVerfGH: unter II.
Frage 4
Lässt sich ein Paritätsgesetz mit einem Verfassungsgebot rechtfertigen, dass sich im Parlament die in der Bevölkerung etwa gleich großen Gruppen der Frauen und Männer widerspiegeln müssten?
Antwort: Das VerfG Bbg lehnt dies ebenso wie der ThürVerfGH ab, weil es dem auch für das Grundgesetz maßgeblichen Grundsatz der Gesamtrepräsentation, also der Repräsentation des Volkes insgesamt, widerspreche.
Lesen Sie weiter im Beitrag VerfG Bbg: unter II 1 b.
Lesen Sie weiter im Beitrag ThürVerfGH: unter II 1.
Frage 5
Sind die verfassungsrechtlichen gleichheitsbezogenen Wahlrechtsgrundsätze und Verbote, wegen des Geschlechts zu unterscheiden, nebeneinander anwendbar?
Antwort: Während der ThürVerfGH das Unterscheidungsverbot ohne Begründung gar nicht anspricht, legt das VerfG Bbg grundsätzlich dar: "Besondere Gleichheitssätze stehen grundsätzlich im Verhältnis der Idealkonkurrenz zueinander. Berührt eine differenzierende Behandlung mehrere in ihrem Anwendungsbereich unterschiedliche spezielle Gleichheitsgebote, muss sie an jedem dieser Gebote gemessen werden. Etwas anderes kann lediglich gelten, wenn zwischen mehreren besonderen Gleichheitssätzen ein eigenständiges Spezialitätsverhältnis besteht." Ein "eigenständiges Spezialitätsverhältnis" wird verneint, weil beide Bestimmungen sich lediglich in einem Teilbereich des jeweiligen Regelungsumfangs der beiden Vorschriften überschneiden.
Lesen Sie weiter im Beitrag VerfG Bbg: unter I 2.
Zur Übung: Gröpl/Becker/Heck, (Original-)Referendarexamensklausur - Öffentliches Recht: Verfassungsrecht - Wahlrechtliche Paritätsklauseln, JuS 2020, 961 - mit JuS-Bewertungsbogen.
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