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Ryanair-Klage abgewiesen: Condor durfte Corona-Beihilfen erhalten

Regine Wendland
Der Fe­ri­en­flie­ger Con­dor bekam zu Co­ro­na-Zei­ten hun­der­te Mil­lio­nen Euro an Bei­hil­fen vom deut­schen Staat. Zu Un­recht, mein­te der Kon­kur­rent Ryan­air. Doch das EuG bil­ligt die Un­ter­stüt­zung nun in Tei­len.

Das EuG hat einen Teil der hunderte Millionen Euro schweren Corona-Beihilfen des Bundes an die Fluggesellschaft Condor für rechtens erklärt. Eine Klage des Wettbewerbers Ryanair wies das Gericht als am Mittwoch unbegründet ab (Urteil vom 25. Juni 2025 - T-366/22). Ryanair hatte unter anderem argumentiert, die entschädigten Kosten hätten nicht nur mit der Pandemie zu tun, sondern auch mit anderen Schwierigkeiten des Konzerns.

Die Kommission hatte im Juli 2021 eine überarbeitete Beihilfe für Condor genehmigt, nachdem eine frühere Version auf eine erfolgreiche Klage von Ryanair hin vom EuG aufgehoben worden war. Der Bund wollte damit Condor für Schäden durch Reisebeschränkungen entschädigen, die zwischen Mitte März und Ende Dezember 2020 während der Corona-Pandemie galten. Sie bestand aus zwei Darlehen, die mit staatlichen Garantien abgesichert waren und ein Gesamtvolumen von 400 Millionen Euro hatten. Davon stufte die Kommission einen Teilbetrag von 144,1 Millionen Euro als staatliche Beihilfe ein. Ryanair griff auch diesen neuen Beschluss vor dem EuG an, konnte den Kommissionsbeschluss jedoch nicht insgesamt zu Fall bringen.

Keine ernsthaften Zweifel – keine Pflicht zur vertieften Prüfung

Das Gericht folgte dieser Argumentation aber im Ergebnis nicht. Nach seiner Auffassung sei es Ryanair nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Kommission bei ihrer vorläufigen Prüfung auf Schwierigkeiten gestoßen sei, die eine vertiefte Untersuchung erforderlich gemacht hätten. Die Kommission habe im Einklang mit den Vorgaben des Europarechts – wonach Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, mit dem Binnenmarkt vereinbar sind (Art. 107 Abs. 2 b) AEUV) – handeln dürfen. Die Tatsache, dass Condor zuvor bereits Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen erhalten hatte, stehe einer weiteren pandemiebedingten Hilfe nicht grundsätzlich entgegen, sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt seien, erklärten die Richterinnen und Richter.

Beim unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen den mit der Pandemie verbundenen Reisebeschränkungen und den Condor entstandenen Schäden zeigte das Gericht ebenfalls keine Zweifel: Die Kommission habe sich auf ein "plausibles kontrafaktisches Szenario" stützen dürfen, wie es in der Mitteilung des Gerichts vom Mittwoch heißt. Dieses beruhte auf dem Geschäftsplan Condors für das Jahr 2020, der eine Übernahme durch einen Investor vorsah. Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten sei Condor als eigenständiges, lebensfähiges Unternehmen zu bewerten gewesen. Dabei habe die Kommission annehmen dürfen, dass es ernstzunehmendes Interesse von Investoren an einer Übernahme gebe, erklärte das Gericht. Dass Condors Probleme vor allem auf die Insolvenz der früheren Muttergesellschaft zurückzuführen gewesen seien, ändere daran nichts.

Auch den Vorwurf, die Kommission habe nicht hinreichend sichergestellt, dass ausschließlich pandemiebedingte Schäden ausgeglichen würden, wies das EuG zurück. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Maßnahme auch Kosten abgedeckt worden seien, die im Zusammenhang mit der früheren Umstrukturierung standen.

Ryanair bleibt auch mit Detailkritik erfolglos

Was die Höhe der Beihilfe betrifft, habe sich die Kommission auf "ein Bündel schlüssiger und übereinstimmender Indizien" gestützt, "das darauf hindeuten kann, dass die in Betracht gezogenen Annahmen plausibel waren." Auch Ryanairs Kritik, es seien keine Maßnahmen zur Kostensenkung bei Condor verlangt worden, überzeugte das Gericht nicht.

Schließlich blieb auch der Vorwurf der Diskriminierung erfolglos: Ryanair habe nicht nachweisen können, dass andere Fluggesellschaften – insbesondere sie selbst – durch die Maßnahme unzulässig benachteiligt worden seien. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit oder den freien Dienstleistungsverkehr war nach Ansicht des Gerichts nicht ersichtlich.

Vergleichbare Fälle: teils bestätigt, teils gekippt

Ähnliche Verfahren führte Ryanair auch in anderen Mitgliedstaaten. So scheiterte die Airline etwa mit einer Klage gegen eine österreichische Beihilfe für Austrian Airlines in Höhe von 150 Millionen Euro. Das EuGH hielt die Maßnahme für gerechtfertigt, da sie pandemiebedingte Schäden eines systemrelevanten Unternehmens ausglich. Auch die Genehmigung eines spanischen Solvenzfonds über zehn Milliarden Euro griff Ryanair an – unter anderem mit dem Vorwurf der Diskriminierung. Doch laut Gericht war die Regelung verhältnismäßig und geeignet, eine schwere Störung der spanischen Wirtschaft abzufedern. Die Klage blieb ohne Erfolg.

In einem anderen Verfahren erklärte das EuG hingegen die Genehmigung von Corona-Hilfen für die Lufthansa für nichtig. Anders als im Fall Condor bemängelte das Gericht damals, dass die Kommission mehrere im Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft vorgesehene Voraussetzungen für eine Rekapitalisierung missachtet habe. Sie hätte prüfen müssen, ob die Lufthansa sich einen nicht unerheblichen Teil der notwendigen Finanzmittel auf den Märkten hätte beschaffen können.

Gegen das Urteil das EuG sind noch Rechtsmittel möglich (Urteil vom 25.06.2025 - T-366/22).

 

Aus der Datenbank beck-online

EuGH, Staatliche Beihilfen / Corona-Pandemie, RRa 2021, 194

EuGH, Staatliche Beihilfen: Garantien Schwedens und Dänemarks für revolvierende Kreditfazilität – Covid-19-Pandemie – keine Diskriminierung wegen Beschränkung auf ein Luftfahrtunternehmen – "Ryanair", EWS 2023, 278

EuG, Staatliche Beihilfen für italienische Luftfahrtunternehmen – Covid-19-Pandemie: Verletzung der Begründungspflicht durch die Kommission – Verstößt das Mindestvergütungserfordernis gegen "andere unionsrechtliche Bestimmungen"? – "Ryanair", EWS 2023, 154

EuG, Staatliche Beihilfen Covid-19: Bestimmung des Beihilfeempfängers – mittelbare Begünstigung von Konzerngesellschaften – "Air France und Air France-KLM", EWS 2024, 104

EuGH, Die Beihilfe Österreichs zum Ausgleich der einem Luftfahrtunternehmen durch die COVID-19-Pandemie entstandenen Schäden verstößt nicht gegen Unionsrecht – "Ryanair DAC, Laudamotion", 2024, 221

Soltész/Hoffs, Staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise, NZKart 2020, 189


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