Die
App JuicePass wurde vom italienischen Energiekonzern Enel entwickelt.
Sie soll dabei helfen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu
lokalisieren und zu buchen. Das Betriebssystem Android Auto von Google
dockt direkt an den Bordbildschirm von Fahrzeugen an und dient als
Schnittstelle, um Smartphone-Apps auf dem Bordbildschirm in einer Art
anzuzeigen, die eine gefahrlose Bedienung im Straßenverkehr
ermöglicht. Enel ersuchte Google darum, die erforderlichen Maßnahmen zu
ergreifen, um JuicePass via Android Auto bedienen zu können. Google
lehnte das ab.
Die italienische Wettbewerbs- und
Marktaufsichtsbehörde sah hierin den Missbrauch einer beherrschenden
Stellung und verhängte gegen Google eine Geldbuße von über 102 Millionen
Euro. Google focht diese Entscheidung bis zum italienischen Staatsrat
an. Dieser bat den EuGH um Vorabentscheidung.
Missbrauch ist möglich
Der Gerichtshof schließt – wie bereits Generalanwältin Laila Medina in ihren Schlussanträgen – nicht aus, dass Google durch seine Weigerung eine beherrschende Stellung missbraucht hat (Urteil vom 25.02.2025 – C-233/23).
Die Möglichkeit eines Missbrauchs sei, so die Richterinnen und Richter
einleitend, nicht auf den Fall beschränkt, dass die Verwendung von
Android Auto unerlässlich ist, um die App sinnvoll nutzen zu können. Es
reiche schon, dass Google sein System auch mit dem Ziel gebaut habe, die
Apps Dritter einzubinden und dass eine Einbindung die Verwendung der
Dritt-Apps für Verbraucher attraktiver mache.
Auch aus
wettbewerbsrechtlicher Sicht sieht der EuGH die Gefahr eines
Missbrauchs. Die Weigerung, eine Interoperabilität herzustellen, könne
den Wettbewerb behindern. Das gelte selbst dann, wenn der Entwickler
einer App und seine Wettbewerber auf dem Markt, zu dem diese App gehört,
tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausbauen
konnten, auch ohne die Interoperabilität mit der Plattform nutzen zu
können. Dann sei zu prüfen, ob die Weigerung geeignet war, den
Wettbewerb auf dem betreffenden Markt zu behindern.
Googles Verhalten kann auch gerechtfertigt sein
Allerdings
sei nicht ausgeschlossen, dass Googles Verhalten gerechtfertigt ist.
Das gelte dann, wenn es für die Kategorie der betroffenen App kein
Template gibt. Auch darf die Einbindung weder die Integrität von Googles
Plattform beeinträchtigen noch durch die Nutzung im Fahrzeug die
Sicherheit gefährden. Auch seien andere technische Gründe denkbar, die
es unmöglich machen würden, eine App einzubinden.
Wenn diese
Beschränkungen aber nicht greifen, muss laut EuGH das Unternehmen in
beherrschender Stellung – hier also Google – ein solches Template
innerhalb eines angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine
angemessene finanzielle Gegenleistung entwickeln. Es muss dabei die
Bedürfnisse des Drittunternehmens und die tatsächlichen Kosten der
Entwicklung einerseits berücksichtigen, darf aber auch selber einen
angemessenen Nutzen aus der Entwicklung erzielen. Anhand dieser Vorgaben
der EuGH kann der italienische Staatsrat sich nun weitere Gedanken
machen und eine Entscheidung finden (Urteil vom 25.02.2025 - C-233/23).