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Transformation & Turnaround: Kapitalbedarf wie decken?

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Geschäftsmodellanpassungen erfordern Finanzmittel

 

Wenn einerseits Finanzierer ihre Risiken senken wollen und andererseits für Transformationen in großem Umfang Kapitalbedarfe aufgerufen werden, dann droht ein Spannungsfeld enormen Ausmaßes. Erforderlich ist daher ein aktuell besonders sorgfältig aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von Restrukturierungs- und Finanzmanagement.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Vorfeld des 14. Internationalen Symposiums Restrukturierung, das am 17.10.2025 in Kufstein an der FHS Kufstein/Tirol mit fast 500 Teilnehmern stattfindet, wurde am 16.10.2025 in einem Livestream auf der Basis der Restrukturierungs-Studie 2025 von Oliver Wyman über die aktuellen Entwicklungen im Themenfeld Transformation & Turnaround gesprochen. Die Unternehmen sind aktuell mit dem Einsatz von Digitalisierung und KI in Unternehmen, dem Entwickeln von datengetriebenen Geschäftsmodellen und/oder der Transformation von einem klassischen Fertigungsunternehmen hin zu einem digitalen Ökosystem stark gefordert. Die von Prof. Dr. Markus W. Exler vor diesem Hintergrund anlässlich des sog. Online-Salons gestellten Fragen lauteten:

  • Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Unternehmen?
  • Was erleben wir aktuell in unseren Restrukturierungsprojekten?
  • Was bedeutet ein Denken vom Kunden her, und wie wird ein Geschäftsmodell-Innovationsprozess in den Unternehmen durchgeführt?

 

 

 

Talk-Gäste (v.l.n.r.): Britta Hübner, Dr. Lutz Jäde und Lydia Gepp

 

 

Lösung

Die Talk-Gäste Britta Hübner, Dr. Lutz Jäde und Lydia Gepp gaben Einblicke in ihre mit vielen Finanzierungsprojekten gespickte Erfahrungswelt. Die Kernergebnisse der oben genannten Studie lauten:

(1) Finanzierung wird schwieriger: Fast die Hälfte der Finanzierer will ihr Risiko senken, besonders in Branchen wie Automotive und Bau.

(2) Private Kapitalgeber gewinnen an Bedeutung: Unternehmen setzen zunehmend auf Private Debt und Private Equity, wenn Banken zögern.

(3) Restrukturierungsplan ist entscheidend: Für Kredite zählen vor allem ein robustes Konzept, erfahrenes Management und Liquiditätssteuerung.

(4) Transformation braucht Kapital: Firmen benötigen frisches Geld vor allem für Innovation, Umbau und Refinanzierung.

(5) Restrukturierungsvehikel noch unbekannt: Spezifische Tools wie SPVs (SPV = Special Purpose Vehicle, also eine Zweckgesellschaft, die für einen bestimmten Zweck, wie die Finanzierung eines Projekts, gegründet wird) oder Trusteeships (Treuhänder-Finanzierungen) könnten helfen, sind aber vielen Entscheidern kaum vertraut.

Wesentliche Talk-Beiträge des Online-Salons vom 16.10.2025 lassen sich wie folgt festhalten:

  • Wichtig ist ein professionell methodisch aufgesetztes Restrukturierungskonzept, dann steigt, so die Erfahrungen von Dr. Lutz Jäde, die Finanzierungsbereitschaft. Hinsichtlich der Automobilindustrie wandte er sich gegen Übertreibungen: Die Hersteller (OEMs) kommen von einem hohen Niveau, er warnte vor Dramatisierung, wenn jetzt Gewinnrückgänge um 30% gemeldet werden. Zweifellos gebe es große Herausforderungen insbesondere aufseiten der Zulieferer, aber es gebe auch noch sehr große Substanz: „Die Branche ist keineswegs dem Untergang geweiht.“ Exler relativierte hingegen, dass Entwicklungen insbesondere in China nicht zu unterschätzen seien.
  • Lydia Gepp betonte den Konflikt zwischen lokalen Anforderungen der Finanzierer in Österreich und IFRS-gestützten Beratungen auf internationaler Ebene. Es geht ihrer Beobachtung nach in Restrukturierungen oft nicht mehr nur um Liquiditätssicherungen, sondern um das Infragestellen von Geschäftsmodellen.
  • Britta Hübner stellte fest, dass häufig Cost Cutting und Personalabbau als Maßnahmen im Vordergrund stehen. Es sei sehr schwierig, freigestelltes Personal wieder zu bekommen, wenn der Aufschwung kommt. Lutz Jäde argumentierte, dass Finanzierungsaspekte bei der Analyse der Ausgangssituation am Anfang eines Konzepts stehen. Darauf aufbauend könne dann ein neues Geschäftsmodell entwickelt werden, wobei hier erst einmal Finanzierungsaspekte ausgeblendet werden, um Ideen frei entwickeln zu können. Er betonte die Notwendigkeit, positive Wirkungen hervorzuheben, um z.B. Mitarbeiter mitnehmen zu können.
  • Hübner warf ein, dass Sanierungen nicht nur Einschnitte bedeuten dürfen, sondern auch Wege für neue Investitionen öffnen müssen, einschließlich der dafür erforderlichen Finanzmittel.
  • Dem Thema „ESG in der Restrukturierung“ (ESG steht für Environmental, Social and Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) wurde allgemein ein Bedeutungsverlust attestiert, wenn es vorrangig um das Überleben geht. Britta Hübner stellte klar, dass es gut sei, dass der ESG-Hype mit überzogenen Berichtsanforderungen nun vorbei sei; dennoch dürfe das Thema nicht komplett vernachlässigt werden. Lydia Gepp sieht die Mitarbeiter ganz vorne bei den ESG-Anforderungen, weniger die Kunden: „Mitarbeitende möchten zunehmend gerne für ein der Nachhaltigkeit verpflichtetes Unternehmen arbeiten.“
  • Als konkrete Finanzierungsinstrumente sieht Lutz Jäde die sog. Privat debt fonds im Wachstum, hingegen die Finanzierungen durch kleine Banken im Rückwärtsgang. Privat debt fonds sind Darlehensfinanzierungen über private Investmentfonds, wobei es aktive und passive Fonds gibt; nicht jedes Unternehmen wünscht Einflüsse der Fremdkapitalgeber. Er sieht Banken zunehmend auf dem Weg, ins Risiko zu gehen, wenn Geschäftsmodelle zukunftsfähig präsentiert werden. Zu beobachten ist ein Miteinander von Banken und Fonds, also gemischte Finanzierungen. Britta Hübner unterstrich den insoweit notwendigen Vertrauensaufbau.

 

 

Praxishinweise:

  • Die Oliver-Wyman-Studie ist englischsprachig unter dem Titel „The Perfect Storm – How companies can access financing in challenging times” erschienen. Autoren sind Dr. Lutz Jäde (Partner, Head of Turnaround & Restructuring Europe, Lutz.Jaede@oliverwyman.com), Linus Leopold und Leonard Weigand.
  • Gefragt nach einem abschließenden Wunsch, äußerten sich die Teilnehmer recht unterschiedlich. Lutz Jäde wünscht sich Mut auf der Finanzierungsseite, bei Transformationsprojekten mitzugehen. Britta Hübner priorisiert die Fortsetzung des Wegs, den Unternehmen weniger Bürokratielasten (Stichwort CSRD-Umsetzung, siehe den Beitrag zum BVBC-AK-Treffen vom 10.10.2025 im BC-Newsletter vom 16.10.2025aufzubürden, und Lydia Gepp sähe in Österreich gerne mehr arbeitsmarkt- und energiepolitische Maßnahmen.


 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 11/2025

BC20251120

 

 

 

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