BGH Urt. v. 22.5.2025 – IX ZR 189/24

Gesellschafterdarlehen werden im Insolvenzfall nachranging behandelt. Dies betrifft auch Forderungen, welche wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen gleichstehen. Doch wann genau gilt eine Forderung als Darlehen? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu in einem Urteil nun einige Anhaltspunkte aufgeführt.
Praxis-Info!
Problemstellung
Im Rahmen der Insolvenz einer GmbH klagte der Insolvenzverwalter auf Erstattung einer Reihe von Zahlungen, welche die Gesellschaft im Jahr vor der Insolvenzeröffnung an den Gesellschafter-Geschäftsführer geleistet hatte. Die Zahlungen betrafen Erstattungen für Auslagen und Gehaltszahlungen.
Lösung
In seiner Urteilsbegründung geht der BGH im Detail auf die verschiedenen Zahlungen ein. Dabei sind zwei Fallkonstruktionen voneinander zu unterscheiden.
- Erstattungsansprüche eines Gesellschafters aufgrund der Befriedigung eines Gläubigers der Gesellschaft: Diese stellen wirtschaftlich grundsätzlich eine Forderung dar, die einem Gesellschafterdarlehen gleichsteht. Auf eine Stundung bzw. ein Stehenlassen kommt es hier nicht an. De facto ist ein solcher Vorgang nicht anders zu beurteilen, als wenn der Gesellschafter seiner Gesellschaft zunächst einen Geldbetrag darlehensweise überlassen hätte und die Gesellschaft daraus im Anschluss ihren Gläubiger selbst befriedigt hätte.
- Forderungen aufgrund von Austauschgeschäften: Hier kommt eine Behandlung als Forderung, die wirtschaftlich einem Darlehen gleichsteht, nur dann in Betracht, wenn der Gesellschafter die Forderungen der Gesellschaft rechtlich oder faktisch gestundet hat. Dabei ist zu beachten: Nicht jede geringfügige Überschreitung der marktüblichen oder vereinbarten Zahlungsfrist ist automatisch als Stundung anzusehen. Vielmehr muss eine Forderung eindeutig, d.h. länger als drei Monate stehen gelassen werden. Auch marktunübliche Fälligkeitsabreden können zu einer automatischen Qualifizierung als darlehensgleiche Forderung führen.
Im Ausgangsfall wurden einige der Forderungen – insbesondere die Gehaltszahlungen – mehr als drei Monate nach der Fälligkeit gezahlt. Aufgrund dieser Stundung lag hier – wirtschaftlich betrachtet – ein Gesellschafterdarlehen vor. Bei diversen Spesen- und Auslagenzahlungen wurde von den vorinstanzlichen Gerichten nicht festgestellt, ob diese zeitnah (Zug um Zug) gezahlt wurden oder auch hier eine Stundung der Zahlung vorlag. Dies ist aber entscheidend, um beurteilen zu können, ob diese Forderungen einem Gesellschafterdarlehen gleichgestanden haben. Der Fall wird daher zur weiteren Klärung zurückverwiesen.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 9/2025
BC20250913