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Erstmalige Grundstücksveräußerungen im sechsten Jahr: erweiterte Kürzung

Prof. Dr. Christian Zwirner und Anna Günther

BFH Beschl. v. 20.3.2025 – III R 14/23

 

Wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem jeweiligen Grundstückserwerb weder Grundstücksveräußerungen noch dafür vorbereitende Maßnahmen erfolgen, kann bei Veräußerung einer zweistelligen Anzahl von Objekten im sechsten Jahr aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen sein.


 


 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

Mit der Regelung des § 9 Nr. 1 GewStG wird übergeordnet das Ziel verfolgt, eine doppelte Belastung von betrieblichem Grundbesitz sowohl mit Grundsteuer als auch mit Gewerbesteuer zu vermeiden. Während die sog. einfache Kürzung des § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nur zu einer pauschalen Minderung der Gewerbesteuer führt, wird bei der sog. erweiterten Kürzung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG eine Doppelbelastung vollständig vermieden.

Auf Antrag kann somit nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG durch eine erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen eine vollständige Freistellung von der Gewerbesteuer erreicht werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Gewerbebetrieb ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes sind eng definierte Nebentätigkeiten erlaubt, die selbst jedoch nicht der Kürzung unterliegen. Die Regelung der erweiterten Kürzung dient der Gleichstellung von aufgrund Fiktion sachlich gewerbesteuerpflichtiger Unternehmen mit der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz, das einem steuerlichen Privatvermögen zuzuordnen ist.

Damit die Finanzverwaltung die erweiterte Kürzung gewährt, darf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht den Rahmen bloßer Vermögensverwaltung überschreiten. Hierbei geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Grenze von Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit überschritten wird, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer „Fruchtziehung“ aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt ein gewerblicher Grundstückshandel im Regelfall dann vor, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren (zwischen der Anschaffung oder der Errichtung und dem Verkauf) mehr als drei Objekte veräußert werden („Drei-Objekt-Grenze“).

 

 

Sachverhalt

Die Klägerin war eine in eine Immobilienkonzernstruktur eingegliederte GmbH. Diese hatte zunächst zwei Geschäftsführer, die Gesellschafter der Holdinggesellschaft waren. Nachdem die Gesellschaft im Jahr 2007 mehrere Vermietungsobjekte erworben hatte, verstarb einer der Geschäftsführer überraschend im Jahr 2012 im mittleren Alter. Die Klägerin veräußerte daraufhin im Streitjahr 2013 13 Objekte an eine einzige Erwerberin. Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass die Klägerin von Beginn an einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hatte und versagte die beantragte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG für das Streitjahr 2011.

Im Rahmen des Klageverfahrens gab die Klägerin an, dass ursprünglich keine Veräußerungsabsicht bestanden habe. Der Verkauf der Immobilien sei allein durch das überraschende Ableben eines der Geschäftsführer der GmbH, der zugleich mittelbar an dieser beteiligt war, veranlasst worden. Da die Alleinerbin Bankbürgschaften des mit 55 Jahren verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers nicht habe übernehmen wollen und eine Haftungsfreistellung von den Banken abgelehnt worden war, seien die Immobilien zur Ablösung der Darlehen veräußert worden. Das FG Münster (Urteil vom 26.4.2023, Az. 13 K 3367/20 G) gab der Klage statt und stellte insbesondere darauf ab, dass aus der hohen Anzahl von Veräußerungen allein noch keine bedingte Veräußerungsabsicht im Erwerbszeitpunkt abzuleiten sei.

 

 

Entscheidung des BFH

Die Richter des BFH wiesen die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Das FG habe zu Recht entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG erfüllt hat und deshalb die beantragte erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen kann. Der Fünf-Jahres-Zeitraum sei zwar keine starre Grenze, jedoch müssten bei Grundstücksveräußerungen nach Ablauf von mehr als fünf Jahren und besonders bei erstmaligen Veräußerungen danach weitere Beweisanzeichen hinzutreten, um von Anfang an einen gewerblichen Grundstückshandel zu bejahen.

Die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das FG sei nicht zu beanstanden und widerspreche nicht früheren BFH-Entscheidungen. Eine hohe Anzahl von Veräußerungen außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums oder eine hauptberufliche Tätigkeit im Baubereich führten nicht zwangsläufig zu einem gewerblichen Grundstückshandel. Das FG habe zu Recht für unzweifelhaft erachtet, dass die Veräußerung der 13 Objekte nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums lediglich auf den nicht vorhersehbaren Todesfall zurückzuführen war. Dieser lasse keine Rückschlüsse auf die im Erwerbszeitpunkt bestehenden Absichten zu. Vor dem Hintergrund des unerwarteten Todesfalls vermöge allein die (hohe) Anzahl von 13 veräußerten Objekten die Annahme einer im Erwerbszeitpunkt bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht nicht zu rechtfertigen, insbesondere nachdem bei der Veräußerung mehr als fünf Jahre seit Erwerb verstrichen waren.

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

StB Anna Günther, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG

 

 

BC 7/2025

BC20250724

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